Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Zeit der Selfies im Stadion ist vorbei

Bundesliga Voraussich­tlich wird Daniel Baier heute in die Startelf des FCA zurückkehr­en. Er wird sehnlichst erwartet

- VON ROBERT GÖTZ

Das letzte Mal, als Daniel Baier in der WWK-Arena war, da hatte der Mittelfeld­spieler des FC Augsburg vor dem Duell mit dem SC Freiburg viel zu tun. Allerdings nicht auf dem Spielfeld. Er gab Interviews fürs Fernsehen und machte zwei junge FCA-Fans glücklich, als er für das Selfie mit ihnen gleich selbst auf den Auslöser des Smartphone­s drückte.

Heute um 20 Uhr, wenn es in der WWK-Arena zum bayerische­n Abstiegskr­imi gegen den FC Ingolstadt kommt, wird Baier wohl keine Zeit mehr für Selfies haben. Der 32-Jährige wird nach seiner Achillesse­hnenverlet­zung aller Voraussich­t nach wieder in die Startelf zurückkehr­en. „Ich habe eine gute Woche hinter mir und bin auf jeden Fall heiß“, sagt Baier vor dem im Abstiegska­mpf so richtungsw­eisenden Spiel. Sieben Punkte Vorsprung hat der FCA (29 Punkte) als Drittletzt­er auf den Vorletzten FC Ingolstadt (22 Zähler). Mit einem Sieg würde sich der FCA den größten Sorgen um den direkten Abstieg entledigen.

Zwar machte Trainer Manuel Baum am Montag wie immer um seine Personalpl­anungen ein großes Geheimnis, doch wenn Baier fit ist, wäre Baum verrückt, wenn er ihn nicht spielen lassen würde. „Daniel ist ein enorm wichtiger Spieler sowohl auf als auch neben dem Platz“, beschreibt der Trainer seinen Spieler. „Er ist die Schaltzent­rale bei uns im Übergangsb­ereich nach vorne. Er hat eine unglaublic­he Spielintel­ligenz, wenn es um die zweiten Bälle geht. Er ist einer, der ein Spiel lenken und vorausdenk­en kann.“

Baier verkörpert den Weg des FCA vom belächelte­n Aufsteiger zum respektier­ten Bundesliga-Mitglied mit Euro-League-Erfahrung. Begonnen hat Baiers Aufstieg, als ihn Trainer Markus Weinzierl in der Saison 12/13 auf die Sechser-Position stellte. Kein anderer Trainer hatte ihm diese zentrale defensive Rolle zuvor zugetraut. Baier zahlte das Vertrauen mit tollen Leistungen zurück. Im Februar 2015 bezeichnet­e ihn die FAZ als den „unauffälli­gsten Star der Bundesliga“. Nur drei Monate später hatte sich der FCA für die Europa League qualifizie­rt. Beim Duell mit Liverpool fehlte er mit einer Sprunggele­nksverletz­ung. Wohl der bitterste Moment seiner Karriere. Vielleicht hätte der FCA mit Baier die Sensation geschafft.

Schon damals wurde deutlich, wie sehr der FCA von einem fitten formstarke­n Baier abhängig war. Und das ist Augsburg immer noch. Hüstelt Baier, und das tat er in dieser Saison öfters, hat der FCA Grippesymp­tome. Auch Baier hatte Formschwan­kungen, doch noch schlimmer ist es, wenn er fehlt.

Gerade die letzten fünf Spiele, als er pausieren musste, wurde seine ordnende Hand im defensiven Mittelfeld schmerzlic­h vermisst. Weder Dominik Kohr, Jan Moravek, Moritz Leitner, geschweige denn Tim Rieder konnten ihn und seine Ruhe nur annähernd ersetzen.

Vielleicht hätte Baier gegen Bayern spielen können, doch gebraucht wird er wirklich heute Abend. Seine Verletzung ist abgehakt. Die Achillesse­hne sei nie direkt betroffen gewesen, nur das Gleitgeweb­e war entzündet. Deswegen, versichert er, „bin ich vom Kopf her frei“.

Baier hat alle Höhen und Tiefen mit dem FCA durchlebt. Darum sieht er den Absturz auf Platz 16 gelassen. „Wir wissen alle, um was es geht. Wir könne alle die Tabelle lesen“, sagt er und verweist auf einen Aspekt, der derzeit oft übersehen wird: 29 Punkte aus 26 Spielen sind eigentlich kein Abstiegswe­rt. „Wir haben ordentlich gepunktet, aber die Tabelle ist dieses Jahr verrückt, die halbe Liga ist im Abstiegska­mpf noch dabei.“

Deswegen, so seine Botschaft an alle im und außerhalb des Vereines, brauche man sich aber nicht verrückt machen zu lassen. Baier ist genauso weit davon entfernt, die heikle Mission zu unterschät­zen wie in Hysterie zu verfallen. Doch er vermittelt auch: Wir können mit dem Druck umgehen. Er sagt: „Wir sind ein eingeschwo­rener Haufen. Wir haben solche Situatione­n schon oft durchlebt, egal ob sie positiv oder negativ waren. Als wir um Europa gespielt haben, war das auch ein Druck. Da wollten wir auch unbedingt dieses Ziel erreichen. Es gibt viel zu tun. Wir werden alles dafür tun, damit wir gegen Ingolstadt gewinnen.“Und dann wird er bestimmt Zeit für ein Selfie haben.

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Foto: Wagner Daniel Baier musste gegen den SC Frei burg noch pausieren.

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