Augsburger Allgemeine (Land West)
„Die Zeit der Videotheken ist vorbei“
Handel Peter Buchsteiner schließt nach 17 Jahren sein Geschäft in der Maximilianstraße. Bei ihm gab es mehr als Filme
Die US-amerikanische Tragikkomödie „Alles muss raus“und der deutsche Spielfilm „Was weg ist, ist weg“sind in der Videothek Pi in der Maximilianstraße in diesen Tagen Programm: Die beiden DVD stehen direkt an der Kasse. Bald werden hier keine Filme mehr über den Tresen gereicht. Am Karfreitag wird Peter Buchsteiner seinen Laden schließen – nach 17 Jahren.
Buchsteiner ging schon immer gerne ins Kino, interessierte sich für Filme und jobbte deshalb auch in der Videothek Video Joe. 1997 hatte die Kette eine Filiale in der Maximilianstraße 58 eröffnet. Als diese nur drei Jahre später im Jahr 2000 wieder schloss, ergriff Peter Buchsteiner die Chance. Nicht so sehr, weil er unbedingt selbstständig oder seine eigene Videothek haben wollte. „Nein, das Terrain hat mich interessiert. Der Raum, wo Menschen zusammenkommen und über den Film immer ein gemeinsames Thema haben“, sagt er. Das hat ihn in all den Jahren immer fasziniert.
Denn so wie sich Menschen, die nicht die selbe Sprache sprechen, über Gesten kommunizieren können, können auch vollkommen Fremde plötzlich über Filme fachsimpeln. Seine Videothek war eine „Schicht unspezifische Diskursöffentlichkeit“. Von Normalos über Rocker, Asylbewerber bis hin zu Drogenabhängigen, die in einem Übergangsheim wohnen, kamen alle in seinen Laden, so der Inhaber. Sie schätzten die Bandbreite der kleinen Videothek, die bewusst „Wohnzimmer-Atmosphäre“vermitteln sollte. „Bei uns gab es alles von Prinzessin Lillifee bis zur Dokumentation, japanischen Splatterfilmen oder Porno.“Diskutiert wurde in der Videothek viel, oft blieben die Kunden gleich eine ganze Weile und unterhielten sich mit dem 58-Jährigen oder seinem Personal. Diese Gespräche blieben über all die Jahre, doch die Branche veränderte sich.
Die Videokassette (VHS) wurde von der DVD abgelöst. Dann kam Blu-ray, dann kam das Internet und es war nichts mehr so, wie es einmal war. „Viele Stammkunden wurden uns abtrünnig. Sie wurden zu Internet-Streamern oder Raubkopierern. Da kann man ihnen nicht böse sein“, sagt er. Durch die verschiedenen technischen Möglichkeiten, den verschiedenen Angeboten von Streaming- und Download-Diensten habe sich das Geschäft von der Videothek einfach weg in Richtung Internet verschoben. „Die Zeit der Videotheken ist vorbei“, sagt er.
30000 Filme habe er einmal gehabt. Ein Teil ist schon weg. Bis Karfreitag können noch DVD und Blu-rays bei ihm gekauft werden. Buchsteiner geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Natürlich ist das eine schmerzhafte Phase. Aber ich habe hier eine schöne Zeit gehabt und bin zufrieden.“