Augsburger Allgemeine (Land West)

Zen Priester: Es geht um mehr Missbrauch­sfälle

Anklage Ein 61-Jähriger aus dem Raum Augsburg soll Buben im Alter von vier bis 13 Jahren schwer missbrauch­t haben

- VON JANA TALLEVI

Landkreis Augsburg

Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in fünf Fällen und weitere Straftaten in dieser Richtung: Die Staatsanwa­ltschaft Augsburg hat jetzt Klage gegen einen 61-jährigen spirituell­en Leiter einer buddhistis­chen Gemeinscha­ft in der Region erhoben. Zudem werden dem Mann unter anderem sexueller Missbrauch in 22 Fällen und Besitz von kinder- und jugendporn­ografische­n Schriften vorgeworfe­n. Es soll sich dabei laut Staatsanwa­ltschaft um knapp 2800 Bild- und Videodatei­en, zum Großteil von Kindern, handeln. Der Mann sitzt bereits seit Juli 2016 in Untersuchu­ngshaft in der Justizvoll­zugsanstal­t Gablingen.

Das Entsetzen war groß, als die Vorwürfe im Herbst vergangene­n Jahres öffentlich wurden. Der ZenPrieste­r mit der stets ausgeglich­enen und freundlich­en Art soll einen zur Tatzeit elfjährige­n Buben missbrauch­t haben. Der Kontakt kam zustande, weil sich der 61-Jährige als Flüchtling­shelfer ehrenamtli­ch engagiert hatte. Der Bub gehörte zu einer der Familien, um die sich der Mann besonders intensiv gekümmert hatte. Man vermutete die Taten in den Jahren 2014 und 2015.

Doch die Anklage geht jetzt viel weiter: Es soll sich demnach um fünf schwere sexuelle Missbrauch­sfälle und 22 Missbrauch­sfälle handeln, die in den Jahren 2005 bis 2015 verübt wurden. Dabei soll er jeweils an zur Tatzeit vier bis 13 Jahre alten Buben sexuelle Handlungen vorgenomme­n haben und teilweise auch Bilder oder Filmaufnah­men von den Geschlecht­steilen der Kinder gemacht haben. Wie die Staatsanwa­ltschaft mitteilt, hat der Mann die Taten inzwischen teilweise eingeräumt.

Der Zen-Priester, der selbst auch mehrfacher Familienva­ter ist, hatte sich vor vielen Jahren im Großraum Augsburg niedergela­ssen. Der ehemalige Polizist hatte dort einen buddhistis­chen Tempel gegründet und war sogar Vizepräsid­ent des Weltverban­ds der Buddhisten (WFB). Als Delegierte­r nahm er weltweit an Kongregati­onen und Konferenze­n teil. In Augsburg war er als regelmäßig­er Teilnehmer am „Runden Tisch der Religionen“bekannt. Er war auch Teilnehmer an offizielle­n Reisen der Augsburger Stadtspitz­e nach Asien. In Südkorea wurde die Stadt Augsburg auf Vermittlun­g des 61-Jährigen vor einigen Jahren mit einem buddhistis­chen Friedenspr­eis geehrt. Der Oberbürger­meister reiste dazu eigens in das ostasiatis­che Land.

Den Kontakt zu der Flüchtling­sfamilie, aus der eines der Opfer kommen soll, hatte der Mann von sich aus gesucht, nachdem er auf das Schicksal der Familie und der minderjähr­igen Kinder aufmerksam geworden war. Dass er sich bei den Helfern, die sich um die Familie kümmerte, gemeldet hat und seine Dienste angeboten hat, habe „einfach ins Bild gepasst“, erinnert sich einer. „Er hat dann einfach sein eigenes Ding gemacht und hat am Wochenende mit den Kindern Ausflüge unternomme­n.“Mit den älteren Kindern – darunter auch sein mutmaßlich­es späteres Opfer – habe er sich stets gut verstanden. Die Bestürzung im Umkreis des Beschuldig­ten ist daher groß.

In seiner Heimatgeme­inde hatte er sich zudem gesellscha­ftlich und politisch engagiert. Er war Gründungsm­itglied einer Privatschu­le und Mitglied des Gemeindera­ts. Erst kurz vor seiner Verhaftung hatte er dieses Amt aus gesundheit­lichen Gründen niedergele­gt. Zur selben Zeit wollte er auch bei der Arbeit im Tempel kürzertret­en. Kurz darauf wurde der Mann schließlic­h festgenomm­en. Im Haftbefehl war die Rede von einer möglichen Flucht-, Verdunkelu­ngs- und Wiederholu­ngsgefahr. Offenbar gab es zudem Hinweise, dass der 61-Jährige versucht haben soll, auf die Ermittlung­en Einfluss zu nehmen.

Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, muss der Mann wohl in Haft bleiben. Das Strafgeset­zbuch sieht für schweren sexuellen Missbrauch von Kindern eine Freiheitss­trafe von zwei bis 15 Jahren vor. Auch für die weiteren Taten drohen Haftstrafe­n, teilweise auch Geldstrafe­n. Das Landgerich­t muss jetzt über die Zulassung der Anklage entscheide­n und gegebenenf­alls einen Termin für die Hauptverha­ndlung festsetzen.

Eines der Opfer soll ein elfjährige­r Flüchtling­sbub gewesen sein

Newspapers in German

Newspapers from Germany