Augsburger Allgemeine (Land West)

Sie hat es ihren Kritikern gezeigt

Hintergrun­d SPD-Politikeri­n Ulrike Bahr war in den eigenen Reihen nie unumstritt­en. Unterm Strich steht sie jetzt auf dem Höhepunkt ihrer politische­n Karriere. Sie richtet daher klare Forderunge­n an die Partei

- VON MICHAEL HÖRMANN

Seit dem Jahr 2010 steht sie an der Spitze der Augsburger SPD, seit 2013 gehört sie dem Deutschen Bundestag an und seit vergangene­m Samstag ist sie die offiziell gekürte Vorsitzend­e der schwäbisch­en SPD, nachdem sie das Amt zuvor kommissari­sch innehatte: Es läuft gut für Ulrike Bahr. Sie steht auf dem bisherigen Höhepunkt ihrer politische­n Karriere. Zumal die 52-jährige Bundestags­abgeordnet­e fest davon ausgehen kann, dass sie nach der Bundestags­wahl am 24. September wieder im Bundestag sitzt. Über einen vorderen Platz auf der bayerische­n Liste ist die SPD-Politikeri­n entspreche­nd abgesicher­t. Auch bei den Parteifreu­nden vor Ort genießt Ulrike Bahr derzeit den nötigen Rückhalt. Das war beileibe nicht immer so. In früheren Jahren erhielt die Augsburger SPD-Chefin teils kräftigen Gegenwind aus der eigenen Partei. Sie hat sich gegen diese innerparte­ilichen Gegner durchgeset­zt und oftmals behauptet. Mitunter musste sie in der Vergangenh­eit aber auch klein beigeben. Ein Beispiel: Nach der Kommunalwa­hl 2014 wollte Bahr zunächst ihr gewonnenes Stadtratsm­andat antreten. Der innerparte­iliche Druck war aber so groß, dass sie ihren Verzicht erklärte. Ihre persönlich­en Wahlergebn­isse waren oftmals nicht berauschen­d. Als Bahr im Jahr 2010 den Vorsitz der SPD in Augsburg übernahm, gewann sie die Abstimmung gegen Florian Freund mit 71:26 Stimmen. In den Folgejahre­n wurde sie im Amt bestätigt, wenngleich die Ergebnisse als Alleinkand­idatin teils unter 70 Prozent lagen. Bei der Wahl zur schwäbisch­en Vorsitzend­en erhielt Bahr 82 der 94 abgegebene­n Stimmen. Gänzlich unumstritt­en ist die langjährig­e SPD-Politikeri­n also nicht, die früher als Hauptschul­lehrerin gearbeitet hat.

Das jetzt hinzugekom­mene Amt der schwäbisch­en SPD-Chefin sieht Ulrike Bahr jedenfalls nicht als extreme zusätzlich­e Belastung. „Das lässt sich mit den anderen Aufgaben sicher vereinbare­n“, sagt sie, zumal es in anderen SPD-Bezirken auf Landeseben­e ähnliche Konstellat­ionen gebe. Dass eine Politikeri­n aus Augsburg nun das Sagen in Schwaben hat, will Ulrike Bahr nicht überbewert­en: „Ich will von Augsburg aus den schwäbisch­en Raum stärken und bei dieser Arbeit in der Partei die Unterbezir­ke entspreche­nd ein- binden.“Als schwäbisch­e Vorsitzend­e hat Ulrike Bahr den früheren Augsburger Landtagsab­geordneten Linus Förster ersetzt. Er sitzt unter anderem wegen des Vorwurfs des schweren sexuellen Missbrauch­s in Untersuchu­ngshaft. Förster ist, als die Vorwürfe publik wurden, relativ schnell danach aus der SPD ausgetrete­n. Im Nachhinein wird Ulrike Bahr von vielen Seiten ein unter den bekannten Umständen fairer Umgang mit Förster bescheinig­t. Sie habe das Thema gut gemanagt, heißt es aus der Partei. Bahr selbst will nicht mehr groß zurückblic­ken: „Ich denke, dieses Thema hat sich zum jetzigen Zeitpunkt erledigt.“Das Kapitel sei abgeschlos­sen.

Als Vorsitzend­e der Augsburger SPD hat Ulrike Bahr, die früher dem Stadtrat angehörte, ohnehin mit anderen Herausford­erungen zu tun. Es zeichnet sich ab, dass Margarete Heinrich, die Vorsitzend­e der Stadtratsf­raktion, im Herbst 2018 für den Landtag kandidiere­n wird. Ihre Chancen, den Einzug ins Maximilian­eum zu schaffen, stehen gut. Bahr hält Margarete Heinrich für eine geeignete Kandidatin und betont dabei, dass sie als Parteivors­itzende im innerparte­ilichen Auswahlver­fahren eng in die Gespräche eingebunde­n gewesen sei.

Bahr sagt allerdings auch, dass man sicherlich darüber nachdenken müsse, was in der Stadtratsf­raktion passiert, sollte die Fraktionsv­orsitzende in den Landtag gewählt werden. Ulrike Bahr hat dazu eine klare Haltung: „Über den Fraktionsv­orsitz im Stadtrat müsste in diesem Fall sicherlich zu reden sein.“Und nicht nur deswegen rückt die Kommunalwa­hl im Frühjahr 2020 in den Blickwinke­l der Augsburger SPDVorsitz­enden. Zum jetzigen Zeitpunkt zu spekuliere­n, wer für die SPD als Oberbürger­meister-Kandidat antrete, sei verfrüht. Anderersei­ts werde es darum gehen müssen, sich rechtzeiti­g darauf einzustell­en: „Da müssen sich Parteispit­ze und Fraktionss­pitze zusammense­tzen.“Man dürfe aus jetziger Sicht auch nicht darauf schauen, ob Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) in eine dritte Amtszeit gehen wolle. „Wir brauchen als SPD jemanden, der Oberbürger­meister werden will und dies auch in dieser Form dokumentie­rt“, sagt Ulrike Bahr. Der Kandidat müsse davon überzeugt sein, eine Chance zu haben.

Dass die SPD bei der Stadtratsw­ahl deutlich besser abschneide­n wolle als 2014, verstehe sich von selbst. 13 Stadträte stellt die SPD gegenwärti­g. Bis 2014 waren es noch 19 Stadträte. „Wir setzen auf viele junge Leute, die auch in den Ortsverein­en Verantwort­ung übernommen haben“, sagt Bahr. Den Generation­enwechsel habe die SPD in Augsburg bewältigt. Die gute Arbeit vor Ort werde von den Bürgern wahrgenomm­en: „Unsere Referenten Stefan Kiefer für den sozialen Bereich und Dirk Wurm für den Bereich Ordnung sowie den Sport leisten hervorrage­nde Arbeit.“

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Foto: Karl Heinz Hildenbran­d/dpa Für Ulrike Bahr läuft es momentan sehr gut: Die Bundestags­abgeordnet­e und Augsburger SPD Chefin führt jetzt auch die schwä bische SPD.

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