Augsburger Allgemeine (Land West)
Die vielen Facetten der Liebe
Inklusion Im Eukitea erarbeitet sich eine Gruppe Theaterbegeisterter ein eigenes Stück. Mit dabei sind auch Menschen mit Behinderung
Diedorf
Verschiedenheit. Und doch eine Einheit im Spiel – das könnte das Motto des inklusiven Workshops sein, der gerade im EukiteaTheater stattfindet. Dort treffen Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammen, um ihrer Leidenschaft des Theaterspiels nachzukommen. Mit dabei sind auch Menschen mit Behinderung.
Die Proben des Theaterprojekts befinden sich gerade in der heißen Phase, denn es ist nicht mehr lange bis zur Premiere des eigens entwickelten Stücks „Liebe durch alle Zeiten“im Mai. Bereits zum fünften Mal erarbeitet die mittlerweile elfköpfige Gruppe um Regisseur Giorgio Buraggi eine Theateraufführung. Nachdem man zuletzt auch bekannte Geschichten, wie „Peter Pan“oder „Tanz der Vampire“erzählte, entschloss man sich heuer, wie im Vorjahr, für eine eigene Produktion.
Unterstützung erfährt das Projekt von der offenen Behindertenarbeit des Caritasverbands für die Stadt und den Landkreis Augsburg. Dieter Demel und seine Kollegin Monika Rößle vom Caritasverband waren es auch, die mit der Idee eines inklusiven Theaterprojekts an das Eukitea Theater herantraten. Dort stießen sie gleich auf offene Ohren und mittlerweile hat sich die Theatergruppe, die sich immer am Mittwochabend trifft, schon fast zu einem festen Ensemble entwickelt, das nicht nur im hauseigenen Theater vorführt, sondern auch außerhalb, zum Beispiel auf den Augsburger Kulturtagen. Das Konzept der Inklusion liegt Dieter Demel besonders am Herzen: „Uns geht es darum, eine Teilnahme von Menschen mit Behinderung an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu ermöglichen, auch in der Kunst“, sagt Demel und fügt an, dass man vor al- lem die Akzeptanz von Verschiedenheit fördern wolle. Während des Theaterspiels gebe es dann aber keine Unterschiede mehr, ergänzt Giorgio Buraggi. Dort könne sich jeder nach seinen Fähigkeiten einbringen, sodass man gemeinsam etwas entwickelt.
Im Stück selbst geht die Gruppe auf eine Reise in andere Zeiten, um die verschiedenen Facetten der Liebe zu entdecken und die Essenz dieser zu erfahren. Eine Zeitmaschine bringt sie dabei an solch unterschiedliche Orte, wie die Steinzeit, den Wilden Westen oder die Zukunft.
Die Probe beginnt mit der obligatorischen Begrüßung im Sitzkreis und mündet in einem Tanz, bei dem die Gruppe sich aufwärmt und gleichzeitig versucht, sich gegenseitig wahrzunehmen. Es wird schnell klar, dass man hier einer besonderen Theaterprobe beiwohnt: Die Atmosphäre ist ausgesprochen locker und es werden zwischendurch immer mal wieder Witze gerissen.
Auch die Art und Weise, wie Giorgio Buraggi die Szenen entwickelt, ist außergewöhnlich. Um den Charakter der Wahrsagerin „Miss Venezuela“zu kreieren, soll zunächst jeder für sich in meditativ an- mutenden Bewegungen seine eigene Vorstellung dieses Charakters zum Ausdruck bringen. Dabei erfährt man eine Freiheit, wie sie sonst nur selten zu finden ist. Im Anschluss werden die Eindrücke in der Gruppe gesammelt und Buraggi formt aus den einzelnen Ideen die letztendliche Szene, die dann ohne ein festes Drehbuch gespielt wird. Der Spaß, den die Darsteller zu haben scheinen, ist ansteckend.
Dass der Weg das Ziel ist, klingt in den meisten Fällen wie eine abgedroschene Floskel, doch in diesem Fall scheint es zu stimmen. Für Marian Hanel beispielsweise ist die Ar- beit mit der Gruppe eine Erfüllung: „Hier habe ich das Gefühl, dass Integration funktioniert. Sonst erlebe ich das im Alltag kaum“, meint er. Auch Nina Pouyadou, die von Anfang an bei dem Projekt dabei war, hat viel Spaß an den Proben. „Für mich ist es immer ein guter Ausgleich zur Arbeit“, sagt sie und bekundet gleichzeitig ihre Vorfreude auf die bevorstehende Aufführung.