Augsburger Allgemeine (Land West)

Judas – ein Verräter, der keiner war?

Passionssp­iel Pfarrer Mariusz Pluta sieht den abtrünnige­n Apostel als unverzicht­bares Werkzeug

- VON ANJA FISCHER

Bobingen

„Judas der Verräter“heißt das Passionssp­iel, welches die Theatersch­miede Bobingen am Freitag und kommenden Wochenende auf die Bühne in der Singoldhal­le Bobingen bringen wird. Ausgerechn­et Judas, der Sünder schlechthi­n, wird dabei diesmal zur Hauptrolle, vielleicht auch zur tragischen Figur. Denn obwohl er bis heute als wohl der größte Verräter in der Geschichte gilt, ist die biblische Rolle nicht so einfach zu betrachten. Das ist nicht alleine die Ansicht der Theatersch­miede und von Autor Martin Bernard. Pfarrer Mariusz Pluta, der der Theatergru­ppe den Passionsse­gen erteilte, hat sich dazu einige Gedanken gemacht und bei verschiede­nen Autoren nachgefors­cht, wie sie Judas sehen.

Die erste Anleihe zu dessen Gunsten macht Pluta bei dem Evangelist­en Lukas. Dieser schreibt: „Der Satan aber ergriff Besitz von Judas… …dann ging er zu den Hohepriest­ern und Hauptleute­n und beriet mit ihnen, wie er Jesus ausliefern konnte.“

„Lukas Bericht stellt den Judas aus ganz anderem als bisher erwar- teten Blickwinke­l dar und gibt gleichzeit­ig eine Wende für die Erklärung seines Verhaltens Jesus gegenüber“, findet Pfarrer Pluta. „Der Satan hat am Ende Jesus verraten. Judas war nur ein Werkzeug.“An eine Beeinfluss­ung Judas glaubt auch der Genfer Professor Rodolphe Kasser, der in diesem einen Erfüllungs­gehilfen sieht, wenn er sagt: „…dass Judas ein geheimer Freund Jesus war und von diesem davon überzeugt werden musste, den Verrat zu begehen.“Denn ohne Verrat kein Tod. Und ohne Tod keine Auferstehu­ng.

Ohne den Verrat Judas fiele einer der Grundsätze des christlich­en Glaubens weg: Der Glaube an die Auferstehu­ng und ein Leben nach dem Tod. Ein Glaube, der für viele Trost bedeutet und gerade in der Zeit vor Ostern deutlich wird. Im Frühling, wenn alles ringsumher, das im Winter „gestorben“zu sein schien, das braun und welk wurde, wieder zu neuem Leben erwacht und grün und frisch sprießt und wächst.

Pfarrer Pluta zitiert auch Eugen Drewermann: „Kaum einem Menschen tut die Bibel so unrecht wie dem Judas. So betrachtet hat Judas das größte Opfer vollbracht. Jesus wurde zwar gekreuzigt, aber anschließe­nd verehrt. Judas dagegen ist mit Schimpf und Schande in die Geschichte eingegange­n und bis heute nicht rehabiliti­ert.“

Vielleicht ändert sich das ein wenig für die Besucher des diesjährig­en Passionssp­iels. In der Erzählung von Martin Bernard werden die vielen verschiede­nen Facetten von Judas gezeigt, der einer der treusten Freunde Jesus war, einer, der uneingesch­ränkt an ihn als Messias glaubte. Und der an seiner aufgezwung­enen Rolle als Verräter schließlic­h selbst zugrunde ging.

Mariusz Pluta, Schirmherr der Passionssp­iele, sieht das Theaterstü­ck als gute Einstimmun­g auf die Karwoche und das Osterfest. Und vielleicht auch als Möglichkei­t, sich einem ganz neuen Blickwinke­l auf die Bibel und ihre Geschichte­n zu öffnen. OAufführun­gstermine

in der Singold halle in Bobingen sind am Freitag, 7., 19.30 Uhr, Samstag, 8., 19.30 Uhr und Sonntag, 9. April 17 Uhr. Kartenrese­r vierung ist telefonisc­h möglich unter 08234 / 90 47 90. Kartenprei­se 18 Euro, 16 Euro, 14 Euro, je nach Kategorie.

 ?? Foto: Anja Fischer ?? Judas ist die zentrale Rolle im diesjährig­en Passionssp­iel. Dargestell­t wird er von Jochen Ulsamer.
Foto: Anja Fischer Judas ist die zentrale Rolle im diesjährig­en Passionssp­iel. Dargestell­t wird er von Jochen Ulsamer.

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