Augsburger Allgemeine (Land West)
Wenn es mal wieder länger dauert
Tischtennis Der Bundestrainer hat eine Diskussion um eine Begrenzung der Spielzeit in Gang gebracht. Warum Aktive und Funktionäre glauben, dass das keine gute Idee ist
Langweid
Das dauert alles viel zu lange – findet zumindest Jörg Roßkopf. Der Tischtennis-HerrenBundestrainer hat zu Beginn dieser Woche bei der Mitgliederversammlung des Verbandes Westdeutscher Sportjournalisten (VWS) in Düsseldorf eine Begrenzung der Spielzeit vorgeschlagen: „Wir müssen mit der Zeit gehen. Die Spielzeit muss kalkulierbarer werden. Daran wird kein Weg vorbeiführen.“Hintergrund dieser Forderung dürfte gerade vor der Weltmeisterschaft in Düsseldorf vom 29. Mai bis zum 5. Juni der Kampf um Übertragungszeit im Fernsehen sein.
Katharina Schneider spielt Tischtennis seit ihrer Kindheit und schon seit vielen Jahren in Langweid. Die Spitzenspielerin des TTC Langweid war sogar noch an der letzten deut- schen Meisterschaft des erfolgreichen Klubs aus der Hochburg im Lech im Jahr 2008 beteiligt. Noch immer tritt sie in der 2. Bundesliga an. Es gibt eigentlich nur eines, was sie am Tischtennis stört: „Ich hasse es, gegen die Zeit zu spielen. Das machen wir manchmal im Training. Das raubt mir die ganze Konzentration.“Verständlich, dass sie deshalb für Roßkopfs Vorschlag keine Sympathien hegt. „Ich habe davon gelesen, dass es in China getestet werden soll. In einer neuen Liga, in der lauter Stars spielen.“
Mit dabei ist unter anderem Timo Boll. Bei einer privaten Turnierserie soll die Spielzeit pro Einzelmatch auf 24 Minuten begrenzt werden. Der deutsche Vorzeigespieler und frühere Weltranglistenerste freut sich auf das Experiment: „Das wird spannend. Das Wichtigste ist aber, dass es überhaupt ausprobiert wird.“
Im Amateurbereich vernimmt man den Vorstoß des Bundestrainers mit Skepsis. Nicht nur Werner Schmiedel, Sportwart im Kreis 6, glaubt, dass das an der Basis vorbeigeht: „Es gibt doch schon eine Zeitspielregelung, bei der der Gegner nach dem 13. zurückgespielten Ball den Punkt erhält.“Diese käme aber bei den Sätzen bis elf so gut wie nie zum Einsatz. „Ein Satz dauert hier maximal fünf Minuten, ein ganzes Spiel vielleicht drei bis dreieinhalb Stunden.“
Nach Schmiedels Meinung geht es bei den vielen Änderungen im Tischtennis wie langsamerer Ball, Sätze bis elf Punkte nur um Einzelturniere wie Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele. „Alles, was man bisher gemacht hat, war nur wegen dem Fernsehen. Aber es wird trotzdem nichts übertragen“, sagt er dazu.
Andere Tischtennisexperten verweisen auf das Problem des Zeitschindens: Ein Spieler führt, kommt dann in Bedrängnis und versucht den Vorsprung irgendwie über die 24 Minuten zu retten. Mit einer extrem defensiven Spielweise oder indem er sich beim Einsammeln versprungener Bälle viel Zeit lässt. Außerdem geht kein Zuschauer zum Sport und hofft, dass es schnell vorbei ist. Beispiel aus einer anderen Sportart: Beim Tennis in Wimbledon beharkten sich vor sieben Jah- ren Nicolas Mahut und John Isner mehr als elf Stunden lang, ehe der Amerikaner nach drei Tagen und einem 70:68 im fünften Satz als Sieger feststand. An dieses Rekordmatch erinnert sich jeder.
Katharina Schneiders Rekordmatch hat eine knappe Stunde gedauert. „Sieben Sätze, jeder war knapp“, erinnert sie sich, aber nicht mehr, bei welcher Meisterschaft und gegen welche Gegnerin es war. Sie glaubt nicht, dass die Regelung Anwendung finden wird: „Viele sind dagegen. Tischtennis ist nicht Fußball. Es erfordert höchste Konzentration. Außerdem bräuchte man dann ja einen eigenen Zeitnehmer und Balljungen.“
Auch für Werner Schmiedel gibt es Wichtigeres als ein Zeitlimit. Er meint damit die anstehende Reform, bei der auf dem Bezirkstag in Langweid beschlossen werden soll, den Bezirk Schwaben in 16 Bezirke einzuteilen, um Funktionäre und Kosten einzusparen. „Dann gibt es unseren Kreis nicht mehr“, sagt Schmiedel, der seit 1982 als Funktionär tätig ist: „Das ist doch ein guter Grund, um aufzuhören.“