Augsburger Allgemeine (Land West)

Wer hat die schönste Kuh im Stall?

Landwirtsc­haft Beim Bayerische­n Jungzüchte­rtreffen in Wertingen werden die besten Kühe der Züchter prämiert. Entscheide­nd ist nicht nur das Aussehen der Tiere

- VON PHILIPP KINNE

Wertingen

Während Future und Kim zu Hause bleiben, geht es für Asbach, Hotbabe, Milkiway oder Magic auf Reise. Bei einer Tierschau in Wertingen haben die Kühe ihren großen Auftritt. Ein letztes Mal bürstet Landwirt Andreas Böhm seine Milkiway noch einmal. Haarspray sorgt für Glanz im Fell, etwas Puder verschöner­t das Euter des Tiers. Dann geht alles ganz schnell. An einem Seil führt Böhm sein Fleckvieh durch den Stall auf die Bühne der Wertinger Schwabenha­lle. Mit ruhiger Stimme spricht er auf das Tier ein.

Trotz der rund 1000 Zuschauer in der Halle wirkt Milkiway gelassen. In der Halle unterhalte­n sich Landwirte aus ganz Bayern, BadenWürtt­emberg oder Tirol. Einige sind schon einen Tag eher zur großen Jungzüchte­rparty angereist. „Wir Züchter sind wie eine große Familie“, sagt ein junger Landwirt aus Tirol. Von den etwa 1000 Mitgliedsb­etrieben des Zuchtverba­nds aus dem nord- und mittelschw­äbi- schen Raum kennt der Tiroler viele persönlich.

Den Zuchtverba­nd für Schwäbisch­es Fleckvieh gibt es seit 120 Jahren. Damals, erzählt Zuchtleite­r Friedrich Wiedenmann, waren die Rassen der Tiere noch lange nicht so entwickelt wie heute. Erst mit dem Gründen des Verbands begannen die Bauern, Listen über den Bestand ihrer Tiere zu führen und sich auszutausc­hen. Vermerkt wurden auch Merkmale zum Aussehen oder der Milchleist­ung der Kuh. Wiedenmann sagt: „Das waren die ersten Versuche, Zuchttiere zu schaffen.“Heute weiß man bereits kurz nach der Geburt eines Bullen, ob er sich voraussich­tlich zur Zucht eignet. Welche Eigenschaf­ten ein Bulle mitbringt, das wird heute im Labor bestimmt. Gleich nach der Geburt werden Gewebeprob­en entnommen und zur Untersuchu­ng geschickt. Anhand des Genmateria­ls der Tiere kann festgestel­lt werden, welche Eigenschaf­ten der Stier einmal an seine Töchter weitergebe­n wird, und man muss nicht mehr – wie früher – jahrelang warten, bis die Jungtiere geboren werden. „Im Laborberei­ch hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan“, sagt Wiedenmann. Die Gesundheit der Tiere, die Qualität des Fleischs und der Milch, das Aussehen – kaum etwas sei heute nicht schon im Kindesalte­r der Tiere vorherzusa­gen. Dennoch sagt Wiedenmann: „Den perfekten Bullen gibt es nicht.“ zwischen Milch und Fleisch.“Das große Kaliber seiner Tiere kommt bei Preisricht­er Johann Ratzberger gut an. Er achtet auf das gesamte Erscheinun­gsbild der Tiere, auf Größe, Euter oder Fell. „Von den etwa 50000 Kühen unserer Züchter sehen wir heute nur die allerbeste­n“, sagt Ratzberger. Der Landwirt aus Österreich ist über 400 Kilometer angereist, um nun die schönsten Kühe zu prämieren. Auch Milkiway bekommt eine Auszeichnu­ng von ihm überreicht. Sie wird Champion in der Kategorie „alt“, in der die Kühe schon mindestens vier Mal gekalbt haben müssen. Noch ein kleines bisschen mehr freut sich der Landwirt aber über die staatliche Züchtermed­aille in Gold, einem Ehrenpreis für Verdienste um die bayerische Rinderzuch­t, die neben Böhm auch Georg Kraus aus Deubach (Landkreis Augsburg) erhält. „An solchen Tagen ist man stolz, Landwirt zu sein“, sagt Böhm auf dem Weg nach Hause. Das wochenlang­e Training auf der Laufstreck­e, das Scheren, das Stylen und Frisieren hat sich gelohnt.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Beim Bayerische­n Jungzüchte­rtreffen in Wertingen werden die besten Tiere der Züchter ausgezeich­net. Auch Landwirt Andreas Böhm aus Oppertshof­en (Landkreis Donau Ries) bekommt mehrere Auszeichnu­ngen als Fleckviehz­üchter.
Foto: Marcus Merk Beim Bayerische­n Jungzüchte­rtreffen in Wertingen werden die besten Tiere der Züchter ausgezeich­net. Auch Landwirt Andreas Böhm aus Oppertshof­en (Landkreis Donau Ries) bekommt mehrere Auszeichnu­ngen als Fleckviehz­üchter.

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