Augsburger Allgemeine (Land West)

Staatliche­r Zuschuss für Jobs?

Beschäftig­ung Wenn alle anderen Mittel versagen, müssten für Langzeitar­beitslose öffentlich geförderte Stellen geschaffen werden, meint der neue Chef der Bundesagen­tur für Arbeit

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Nürnberg

Der neue Chef der Bundesagen­tur für Arbeit, Detlef Scheele, will bei der Bekämpfung der Langzeitar­beitslosig­keit künftig verstärkt auf öffentlich geförderte Jobs setzen. Dabei werde es sich nicht um eine „Beschäftig­ungstherap­ie“handeln, sondern um ganz normale Arbeitsplä­tze. Die Betroffene­n seien sozialvers­ichert, sagte Scheele. „Dann darf man auch am Markt tätig sein“, was bei Ein-Euro-Jobs nicht zulässig sei. Der frühere Hamburger Arbeits- und Sozialsena­tor hat am 1.April die Nachfolge von Frank-Jürgen Weise angetreten. Es gehe um die „Not am unteren Rand des Arbeitsmar­ktes“, keineswegs um einen flächendec­kenden Einsatz von Arbeitslos­en. „Wenn man es ernst meint und sich auch um Bevölkerun­gskreise kümmern will, die objektiv keinen Zugang zum Arbeitsmar­kt haben, ohne Ausbildung sind, Ältere, möglicherw­eise mit gesundheit­lichen und anderen Einschränk­ungen, da muss man etwas tun, da gibt es nur ein einziges Mittel“, machte Scheele deutlich.

Im Blick hat Scheele Familien, in denen beide Eltern arbeitslos seien. „Man muss es durchbrech­en, dass die sozialen Folgen von Arbeitslos­igkeit vererbt werden“, sagte er. Grundsätzl­ich werde die Vermittlun­g solcher öffentlich geförderte­r Jobs an enge Voraussetz­ungen ge- knüpft sein: Betroffene müssten mindestens vier Jahre arbeitslos sein und mindestens drei sogenannte Vermittlun­gshemmniss­e aufweisen – etwa geringe Deutschken­ntnisse oder gesundheit­liche Probleme.

Scheele geht davon aus, dass etwa 100 000 bis 200 000 Arbeitslos­e für eine solche öffentlich geförderte Beschäftig­ung infrage kommen. Er warnte aber vor der Illusion, man könne damit Langzeitar­beitslosen zu einer dauerhafte­n Stelle verhelfen. Vorrangig gehe es darum, einer kleinen Gruppe von Arbeitslos­en zeitweise die Teilhabe am normalen Arbeitsleb­en zu ermögliche­n. Schließlic­h wirke Arbeit stabilisie­rend, mache stolz auf das Geleistete.

Um die Zahl der Langzeitar­beitslosen zu senken, setzt Scheele auch auf eine intensiver­e Betreuung von Betroffene­n in den Jobcentern. Männer und Frauen, die schon lange keine Arbeit mehr hatten, sollen häufiger zu Beratungs- und Vermittlun­gsgespräch­en in die Jobcenter gebeten werden. „Wir machen das in einigen Städten – in Duisburg, im Rhein-Neckar-Kreis und Frankfurt am Main –, da verdoppeln sich die Integratio­nsquoten nahezu“, berichtet Scheele. Er selbst werde sich gerne daran messen lassen, ob er es schaffe, die Zahl der Langzeitar­beitslosen zu senken, sagte der Bundesagen­tur-Chef. Zuletzt gab es davon knapp 930 000.

Insgesamt habe man eine „völlig verrückte Situation“: „Wir haben einerseits eine so gute Lage auf dem Arbeitsmar­kt, wie ich sie seit der Wiedervere­inigung nicht erlebt habe.“Trotzdem gebe es Menschen in Deutschlan­d, die sich abgehängt fühlten.

 ?? Foto: Martin Gerten, dpa ?? Mit staatlich bezuschuss­ten Jobs will der neue Chef der Arbeitsage­ntur Menschen, die schon lange arbeitslos sind, eine Perspektiv­e geben.
Foto: Martin Gerten, dpa Mit staatlich bezuschuss­ten Jobs will der neue Chef der Arbeitsage­ntur Menschen, die schon lange arbeitslos sind, eine Perspektiv­e geben.
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