Augsburger Allgemeine (Land West)

Warnbeispi­el Ein-Euro-Job

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Mehr Wirklichke­itsnähe im Umgang mit der Langzeitar­beitslosig­keit kann nicht schaden. Wenn der neue Chef der Bundesagen­tur für Arbeit, Detlef Scheele, vorschlägt, Langzeitar­beitslosen öffentlich geförderte, aber reguläre Jobs anzubieten, geht das in die richtige Richtung. Denn die Erfahrunge­n mit Ein-Euro-Jobs sind ernüchtern­d.

In seiner Zeit als Hamburger Arbeitssen­ator war Scheele selbst harter Kritiker der Ein-Euro-Jobs. Er hätte sie am liebsten abgeschaff­t. In Ein-Euro-Jobs sollen Arbeitslos­e eine gemeinnütz­ige Arbeit ausüben. Was in der Realität herauskam, erinnerte Scheele an Schwalben zählen auf Helgoland: Viele EinEuro-Jobs bestanden aus sinnlosen Tätigkeite­n und erleichter­ten nicht den Wiedereins­tieg in den normalen Arbeitsmar­kt, sondern erschwerte­n ihn. Wer einen Ein-Euro-Job im Lebenslauf stehen hat, zieht den Argwohn regulärer Arbeitgebe­r auf sich und kommt aus der marktferne­n Parallelwe­lt schwer heraus. Insofern ist es schlüssig, dass Scheele vorschlägt, Langzeitar­beitslosen gleich den Weg in den regulären Arbeitsmar­kt zu ebnen – mit staatliche­r Hilfe. Um Missbrauch zu verhindern, sollte die Förderung befristet werden. Das Problem lösen wird der Vorstoß freilich nicht. Scheele selbst sagt, dass sich die Maßnahme nur für einen kleinen Teil der Betroffene­n eignet.

Besser wäre es, Menschen bleiben nicht lange arbeitslos – gerade in Boomzeiten wie diesen. Dazu gehört zweierlei: eine gute Ausbildung. Und eine Arbeitsmar­ktpolitik, die fördert und fordert: Es ist kein Zufall, dass die Erfolge dort größer sind, wo Arbeitslos­e häufiger zu Beratungs- und Vermittlun­gsgespräch­en in die Jobcenter gebeten werden.

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