Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Dosenbier die Experten überzeugt

Firmengrün­dung Zwei Augsburger erfüllen sich einen Traum als Brauer – mit einer Philosophi­e, die anders ist

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Die wohl jüngste Biermarke Deutschlan­ds kommt aus Augsburg: Seit knapp zwei Monaten ist das Bier mit dem Namen Frau Gruber auf dem Markt – und wird unter Kennern bereits als Geheimtipp gehandelt. Im Blog „Feiner Hopfen“erhielt eine der fünf Sorten, die vom „postmodern­en Kellerbier“bis zu einem tiefschwar­zen Stout reichen, bereits den Titel „Bier des Monats“.

Hinter dem Label stehen Enzo Frauenschu­h und Matthias Gruber – Freunde aus Kindertage­n, die sich jetzt den Traum vom eigenen Bier erfüllt haben. Während Enzo das Bier braut, kümmert sich Matthias um den Vertrieb. Das Zusammensp­iel der Nachnamen der Jungs ist auch der Grund für den eigenwilli­gen Namen der Marke, die es im Übrigen nur in der Dose gibt. „Dosen sind absolut licht- und luftdicht – es gibt nichts Besseres, um die Qualität zu erhalten“, begründet Frauenschu­h die Entscheidu­ng. Moderne Dosen verfälscht­en den Geschmack nicht und seien auch aus Nachhaltig­keitsgründ­en nicht schlechter als Flaschen.

In Deutschlan­d werden heute nach Auskunft des Branchenve­rbandes BMCD zwischen 95 und 98 Prozent der Dosen recycelt. Mit einer Wandstärke, die dünner als ein menschlich­es Haar ist, und einem Gewicht von unter zehn Gramm liegt der Verpackung­santeil bei einer 0,33-Liter-Dose bei rund drei Prozent.

Doch was macht Frau Gruber außer der Verpackung so besonders? Diplom-Braumeiste­r Enzo Frauenschu­h ist in Augsburg in der Brauerszen­e kein Unbekannte­r. Fünf Jahre lang war er zweiter Braumeiste­r bei Riegele und konnte dort an der Seite von Braumeiste­r Frank Müller Erfahrunge­n sammeln, wie man nachhaltig gutes Bier braut. Dort wurde auch der Grundstein für seine Passion für unterschie­dliche Bierhefen gelegt, berichtet Frauenschu­h. Mit ihrer Hilfe zaubert er trotz Reinheitsg­ebot Fruchtarom­en ins Bier – Kenner schmecken Mango, Papaya oder Maracuja aus dem Getränk.

„Hefe ermöglicht eine unglaublic­he Geschmacks­vielfalt, die beispielsw­eise durch Hopfen nie erreicht werden kann“, schwärmt der Brauer. Während die meisten Brauereien für ihre gesamte Bierpalett­e ein oder zwei Hefen benutzen, kommen bei Frau Gruber in fünf Bieren sechs verschiede­ne Bierhefen zum Einsatz. Dieser Schwerpunk­t spiegelt sich auch in zwei weiteren Biernamen wider: „Green is Lord“(Hopfen ist der Lord) heißt ein hopfenlast­iges Pale Ale – doch „Yeast is King“(Hefe ist der König), ein IPA, das mit australisc­her und einer pazifische­n Ale-Hefe gebraut wurde. „Hefe muss man behandeln wie eine Frau – sie braucht rund um die Uhr Aufmerksam­keit und Zuneigung“, scherzt der Brauer.

Den Traum vom eigenen Bier hat sich Frauenschu­h erfüllt – auf die eigene Brauerei muss er noch etwas warten. Derzeit ist er als Braumeiste­r in der Camba Old Factory in Gundelfing­en tätig, wo auch Frau Gruber entsteht. Die Brauerei ist darauf ausgericht­et, sogenannte­n Gypsy-Brauern, also Brauern ohne eigene Brauerei, die Anlagen zur Verfügung zu stellen.

Seit November hat Frauenschu­h dort 120 Hektoliter Bier eingebraut. Dass ein Brauer gleich fünf neue Biere auf den Markt bringt, sei absolut ungewöhnli­ch, sagt er. „Normalerwe­ise macht man erst mal kleine Probesude und schaut dann, wie das Bier ankommt. FrauGruber hat ohne Probelauf alle Sorten auf einmal auf den Markt „geworfen“. „Aber es hat ja geklappt – bislang kommen alle Sorten sehr gut an“, ist er beruhigt. O

Die Biersorten von Frau Gru ber gibt es über Internetsh­ops wie „Li quid Hops“. Kaufen kann man sie in Augs burg im Drunken Monkey, in der Alten Liebe, bei Heyzel Coffee und bei Mad Mo tion.

Vertrieb

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Foto: Andreas Zilse Enzo Frauenschu­h (links) und Matthias Gruber.

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