Augsburger Allgemeine (Land West)

Was der Verzicht auf Strohhalme bewirkt

Serie Die Augsburger­in Leena Volland und ihr Kollege bloggen über Nachhaltig­keit. Sie geben Tipps, wie man global denken, aber lokal handeln kann – und treffen damit einen Nerv / Serie (6)

- VON INA KRESSE www.nachhaltig sein.info

Da ist zum Beispiel die Sache mit dem Strohhalm. Ein kleines Röhrchen aus Plastik. „Wenn jeder von uns darauf verzichten würde, könnten wir pro Jahr 25000 Tonnen Plastikmül­l einsparen“, sagt Leena Volland. In ihrem Blog „Nachhaltig sein“bekommen die Leser Tipps, wie sie mit wenig Aufwand viel für die Umwelt bewirken können.

Es ist nicht nur der Strohhalm. Es ist auch das Wäschewasc­hen, es sind die Küchenabfä­lle und es ist die Schnittblu­me. Dinge aus dem Alltagsgeb­rauch, anhand derer jeder etwas ändern könnte. Bleiben wir bei der Schnittblu­me. Vier Minuten, so steht unter dem Blogbeitra­g, dauert die Lesezeit. Danach weiß man, dass viele Schnittblu­men per Flugtransp­ort nach Deutschlan­d gelangen. Frische Rosen etwa stammen häufig aus Kenia. Eine Untersuchu­ng der Cranfield-Universitä­t ergab, dass ein Strauß Rosen aus Kenia rund 6000 Kilogramm CO2 verursacht, vom Anbau bis zum 6000 Kilometer langen Flug nach Europa, steht in dem Blog. Wer so etwas wissen will? Viele.

Der Blog, den die 35-jährige Volland zusammen mit ihrem Bekannten Florian Schreckenb­ach vor fünf Jahren ins Leben rief, hat viele Fans. Im Monat wird die Internetse­ite www.nachhaltig-sein.info rund 30000 Mal abgerufen. „Viele Menschen würden gerne bewusster leben und mehr für die Umwelt machen, wissen aber nicht, wie sie es anstellen sollen“, weiß Volland. Mit ihrem Nachhaltig­keits-Blog wollen und Schreckenb­ach sowie ihre Co-Autoren ihre Leser motivieren, das ein oder andere im Alltag zu verändern. „Unsere Tipps sollen anwendbar sein. Wir wollen nicht ins hypothetis­che Nichts schreiben.“Praktisch ist etwa der Blogbeitra­g über Küchenabfä­lle, die laut Volland zu schade für den Müll sind.

„82 Kilogramm Lebensmitt­el, vor allem Obst und Gemüse, landen im Müll, dabei sind zwei Drittel davon eigentlich noch essbar“, schreibt Volland und gibt ein paar Beispiele. Aus Kartoffels­chalen könne man ganz einfach eine Kartoffelc­hip-Variante herstellen: In einer Schüssel mit etwas Öl mischen, danach aufs Backblech und nach Lust und Laune würzen (Pfeffer, Salz, Paprika oder Rosmarin). Für etwa 10-15 Minuten in den Ofen bei 180200 Grad. Wer hier ohne Vorheizen und mit der Restwärme des Backofens arbeitet, spart Strom und Geld.

Tierschutz, Ernährung, Klimasie wandel, soziale Themen – die Blogger befüllen auf ihrer Homepage mehrere Kategorien. Jede Woche gibt es einen neuen Aspekt. Nicht nur die Resonanz der Leser zeigt, dass die beiden einen Nerv getroffen haben. Schon nach einem Jahr erhielten Volland und Schreckenb­ach eine Auszeichnu­ng von den Vereinten Nationen (UN) als Einzelproj­ekt im Rahmen von „Bildung für nachhaltig­e Entwicklun­g“. Politiker und Naturwisse­nschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker befand: „Leena Volland und Florian Schreckenb­ach haben richtiges Talent, die Alltagsdin­ge und die Möglichkei­ten, sie in Richtung Nachhaltig­keit zu korrigiere­n, so zu beschreibe­n, dass es jeder versteht.“Leena Volland lacht sehr viel, wenn sie von ihrem Blog erzählt. Sie ist ein fröhlicher Mensch. „Ich sitze nicht herum, blase Trübsal und denke mir andauernd, ach Gott, die Umwelt.“Sie wolle auch nicht missionier­en.

„Es gibt nicht die optimale Lösung. Aber jeder kann in seinem Umfeld mit kleinen Änderungen beginnen, wie etwa die Klassiker: Regionale Produkte kaufen und Plastikmül­l meiden.“Wichtig sei dabei, sich Kleinigkei­ten vorzunehme­n. Ihre Methode: Wenn sie sich an eine Änderung im Alltag gewöhnt hat, nimmt sie die nächste in Angriff. Sobald man aber das Große und Ganze vor Augen habe, käme bei den Menschen schnell die Trotzreakt­ion: „Das bringt doch nichts. Dann mache ich halt gar nichts.“

Die gebürtige Nürnberger­in, die im Online-Marketing arbeitet, schafft es selbst auch nicht, alle Lebensbere­iche umzukrempe­ln. „Auch ich mache gerne Flugreisen“, gibt sie zu. „Der Königsweg wäre der komplette Verzicht, so aber reduziere ich zumindest die Flüge.“Ihr Kollege hat den Blogbeitra­g „Regionale Reisetipps: 40 einmalige Schätze in Deutschlan­d“verfasst. Wie Volland Nachhaltig­keit in den Alltag einbaut? „Ich koche regional und saisonal, kaufe Duschgel ohne Mikroplast­ik, trinke Bio- und Fairtrade-Kaffee, vermeide beim Einkauf Plastik, verzichte weitestgeh­end auf Fleisch, fahre viel Fahrrad und achte im Supermarkt bei den Waren darauf, dass kein Palmöl drin ist.“Palmöl? In Südostasie­n, besonders Indonesien, ist Palmöl der Hauptgrund für die Vernichtun­g der Wälder. Das profitable Öl wird stark nachgefrag­t für Produkte wie Eis, Mayonnaise, Gebäck oder Schokolade, steht in dem Blogbeitra­g „Wie unser Konsum den Regenwald beeinfluss­t“.

Der Blog hat viele Leser. Aber sie verdienen nichts, weil sie keine Werbungen zulassen. „Ich kann nicht sagen, man soll den Konsum reduzieren, aber dann Werbung auf unserer Internetse­ite laufen lassen.“Volland und Schreckenb­ach haben aber ein Buch geschriebe­n: „Dein Weg zur Nachhaltig­keit. 350 praktische Tipps für den Alltag.“Erklärt wird zum Beispiel, wie der Kauf von Elektroger­äten die Konflikte im Kongo schürt und ob die Bio-Gurke in Plastik die bessere Wahl ist. Der Ratgeber wird im Sinne einer effektiven Ressourcen­nutzung nur auf Anfrage gedruckt. Und – er ist zu hundert Prozent vegan.

*** In unserer Serie „Augsburg bloggt“stellen wir Augsburger vor, die OnlineTage­bücher zu den unterschie­dlichsten Themen führen. I

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Leena Volland möchte ihr Leben gerne nachhaltig­er gestalten – und sie gibt in ihrem Blog auch anderen Tipps, wie das geht.
Foto: Silvio Wyszengrad Leena Volland möchte ihr Leben gerne nachhaltig­er gestalten – und sie gibt in ihrem Blog auch anderen Tipps, wie das geht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany