Augsburger Allgemeine (Land West)
Grantig, kantig, typisch augsburgerisch
Serie Schauspieler Thilo Prückner verbrachte seine Kindheit in Stadtbergen
Landkreis Augsburg In unserer neuen Serie wollen wir uns mit Menschen beschäftigen, die aus unserem Gebiet stammen oder hier leben, oder auch nur einen Teil ihres Lebens hier verbracht haben. Menschen, die zu unserer Gegend gehören, von ihr geprägt sind, die vielleicht auch Großes geleistet haben. Dabei müssen es nicht immer Berühmtheiten sein.
Dass wir als ersten dieser Reihe einen in Augsburg geborenen, wirklich großen deutschen Schauspieler vorstellen, hat seinen Grund in der Aktualität. Denn er hat eine tragende Rolle in einer Fersehvorabendserie. Tilo Prückner spielt einen von zwei Ex-Kommissaren im Unruhestand, auf dessen Erfahrung trotz hohen Alters nicht verzichtet werden kann.
Heute lebt der 76-jährige Prückner in Berlin und am Bodensee. Davor hatte er auch mal einen Bauernhof in Niederbayern. Beleg für eine gewisse Zerrissenheit: „Wenn ich in der Stadt bin, will ich aufs Land und umgekehrt“, soll er gesagt haben.
Die Bühnen-Karriere des Sohnes eines Kinderarztes begann aber in Stadtbergen. Bei einem Weihnachtsspiel in seiner Volksschule war er der Joseph – ob er sich schon damals so mürrisch und grantig präsentierte, wie es später fast sein Markenzeichen werden sollte, ist nicht bekannt. Er sei eben keine Frohnatur, meinte er einmal.
Bekannt ist aber, dass Prückner auch heute noch über seine Kindheit in Stadtbergen mitten im Zweiten Weltkrieg schwärmt. In einer derart ländlichen Umgebung aufzuwachsen, sei für ein Kind das Schönste, hat er bei einem Klassentreffen vor sieben Jahren gesagt.
Nach dem Besuch des Gymnasiums St. Anna in Augsburg und anschließend in Nürnberg machte Prückner 1960 sein Abitur. Das Jurastudium an der Uni in Erlangen schmiss er bald und nahm in München Schauspielunterricht – Start seiner steilen, großen Karriere mit 22 Jahren im „Sommernachtstraum“. Von da an spielt er an den großen deutschsprachigen Bühnen von Berlin über München bis Zürich. 1976 wird er mit dem deutschen Darstellerpreis – ein goldener Chaplinschuh – ausgezeichnet. Und auch als Drehbuch- und Romanautor macht er sich einen Namen.
In den 80er Jahren fasst Prückner bei Film und Fernsehen Fuß. Und er ist fleißig, dreht alljährlich bis zu acht Filme, sodass jeder deutsche Fernsehzuschauer von da an sein Gesicht kennt, seine Darstellung schätzt. Es sind vor allem Rollen in kultigen Krimiserien wie Kottan ermittelt, der Fahnder, die Zwei, Tatort, der Alte, Donna Leon und andere – auch Kluftinger – die ihn berühmt machen. Und auch die Rentnercops haben das Zeug zum Kult.
Trotz großer Wandlungsfähigkeit ist ein gewisser mürrischer Grundzug Basis seiner Schauspielkunst. Da reicht dann das Repertoire vom skurrilen Spinner, vom Loser bis zum Misanthropen – stets überzeugend dargestellt, denn zum jugendlichen Liebhaber und schönen Helden tauge er nicht, wird er zitiert.