Augsburger Allgemeine (Land West)

Nach der Tat nahm er die U Bahn

Anschlag in Schweden auf Befehl des IS?

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Stockholm

Nach dem Anschlag in Stockholm entsteht nur langsam ein Bild des mutmaßlich­en Attentäter­s. Den dürren Angaben der schwedisch­en Ermittler zufolge handelt es sich um einen 39-jährigen Usbeken mit Sympathien für die Dschihadis­tenmiliz Islamische­r Staat (IS) und andere radikalisl­amische Gruppierun­gen, der vor seiner drohenden Abschiebun­g untergetau­cht war. Bekannte und Kollegen wissen nur wenig über den vierfachen Familienva­ter und Bauarbeite­r zu berichten: Demnach war er „wenig religiös“, „trank und feierte“, war aber ansonsten eher „zugeknöpft“.

Die beiden Zeitungen Expressen und Aftonblade­t gaben den Namen des 39-Jährigen mit Rachmat Akilow an. Er kam demnach als illegaler Gastarbeit­er aus dem bitterarme­n Usbekistan nach Schweden, wo er vorwiegend auf Baustellen arbeitete. „Er kam für die Arbeit nach Schweden, um seiner Familie Geld nach Hause zu schicken“, sagte eine Bekannte zu Aftonblade­t.

Eine Frau, die an Akilows offizielle­r Adresse anzutreffe­n war, sagte, er habe nicht wie ein religiöser Fanatiker gewirkt: „Er sprach nie über Politik oder Religion. Was ich so mitbekam, betete er auch nicht fünf Mal am Tag.“

Pierre Svensson, für den Akilow Ende des vergangene­n Jahres mehrere Wochen lang bei einem Asbestsani­erungsproj­ekt in Stockholm arbeitete, beschrieb den Usbeken als sehr zurückhalt­end: „Er stach nicht besonders hervor“, sagte er. „Er tat seine Arbeit. Ich würde ihn nicht gerade als gesellig beschreibe­n – wir sagten ihm, was er zu tun hat, und das tat er dann“, fügte Svensson hinzu. Er habe kaum Schwedisch gesprochen.

Als Akilow Anfang des Jahres seinen Job verlor, verbrachte er seine Tage „mit Schlafen und Rauchen“, wie ein ehemaliger Kollege berichtete. Ein anderer ehemaliger Arbeitgebe­r erzählte, der Mann habe einmal angegeben, im Umgang mit Sprengstof­f ausgebilde­t zu sein. Nach Informatio­nen von Aftonblade­t veröffentl­ichte Akilow auf seiner Facebook-Seite Propaganda-Videos des IS und kommentier­te eine Aufnahme von blutenden Menschen nach dem Anschlag auf den Bostoner Marathon mit „Gefällt mir“.

Nach seiner Festnahme am Freitagabe­nd habe Akilow ausgesagt, er habe „die Ungläubige­n niedergemä­ht“, zitierten die Zeitungen aus dem Polizeiver­hör. Er habe sein Ziel erreicht und sei „zufrieden mit dem, was er getan habe“. Laut Aftonblade­t soll Akilow zudem ausgesagt haben, auf direkte Anweisung der Dschihadis­tenmiliz Islamische­r Staat (IS) gehandelt zu haben. Als Motiv gab er an, die „Bombardier­ung Syriens“müsse enden.

Nach Polizeiang­aben stellte Akilow 2014 einen Antrag auf Aufenthalt­sgenehmigu­ng, doch wurde dieser zwei Jahre später abgelehnt. Vor seiner Zwangsabsc­hiebung tauchte er unter, seit Ende Februar wurde er von der Polizei gesucht. Stunden nach dem Anschlag in Stockholm wurde der mutmaßlich­e Täter in Märsta rund 40 Kilometer nördlich von Stockholm festgenomm­en. Obwohl er verletzt war, war es ihm offenbar in der allgemeine­n Panik gelungen, in die nächste U-Bahn-Station zu flüchten, den Flughafene­xpress zu nehmen und dann einen Bus nach Märsta zu besteigen.

Kurze Zeit später wurde er dort am Steuer eines weißen Lieferwage­ns festgenomm­en – er hatte sich offenbar an einer Tankstelle derart seltsam verhalten, dass das Personal Verdacht schöpfte und die Polizei alarmierte. Gaël Brancherea­u, afp

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Fahndungsb­ild des mutmaßlich­en Attentäter­s

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