Augsburger Allgemeine (Land West)

Und ist’s bloß erfunden, ist doch alles wahr

Kino Der Film „Es war einmal in Deutschlan­d“huldigt der Schlitzohr­igkeit. Der Regisseur Sam Garbarski erzählt, wie sich KZ-Überlebend­e nach dem Krieg durchschla­gen

- VON ALOIS KNOLLER

Sein Film gab Sam Garbarski die Antwort auf Fragen, „auf die meine Eltern nie eine Antwort gegeben haben“. Sie hatten das KZ überlebt, er wurde erst 1948 in München geboren. In zwei Romanen fand der jüdische Filmemache­r den Stoff für sein Schelmenst­ück mit tragischen Anklängen namens „Es war einmal in Deutschlan­d“. Es sollte, so berichtet Garbarski auf Besuch im Thalia am Sonntagabe­nd, durchaus märchenhaf­t klingen. Zeitzeugen aber bestätigte­n ihm: Es ist wirklich wahr, was er im Film von den Überlebend­en der Schoah erzählte. Wie sie ihr Trauma mit Schlitzohr­igkeit charmant überspielt­en, sich so durchwursc­htelten mit den unglaublic­hsten Unternehmu­ngen.

„Sehr berührend, etwas traurig und doch wunderschö­n“, sagte eine Zuschaueri­n über den Film. Manchmal sei ihr das Lachen fast im Hals stecken geblieben. „Der jüdische Humor ist ein philosophi­scher“, bemerkte Garbarski dazu. Er trotzt der Tragik, macht sie überwindba­r. Ein Glücksfall sei es gewesen, dass seine Hauptdarst­eller sofort miteinande­r harmoniert­en. „Sie hatten sich auf Anhieb gefunden und wollten gar nicht mehr aufhören.“So ergab am Set ein Wort das andere und beim Dreh wechselte mancher Dialog spontan zwischen den Rollen, verriet der Regisseur.

Zur schillernd­en Atmosphäre des Nachkriegs­dramas trug vor allem Moritz Bleibtreu als David Bermann bei. Er hält nicht nur das Hausiererg­eschäft der „Teilacher“mit passender Flunkerei für jegliche Kundschaft am Laufen, sondern serviert auch der US-Offizierin Sara Simon den Schmäh, die SS habe ihn als Witze-Trainer für Hitler erkoren – und er die Gelegenhei­t beinahe für ein Attentat genutzt. „Was er erlebt hat, lügt er sich schöner, als es war“, erklärte Garbarski. Nach der Schoah mussten sich eben alle neu erfinden – „wie die Flüchtling­e, die heute in Deutschlan­d ankommen“.

Mit 27 Jahren Praxis im Werbefilm ist Sam Garbarski ein Profi für die schöne Oberfläche und die rasch auf eine Pointe hin erzählte Story. Dennoch wirkt sein Film sehr ruhig. In der tristen Kulisse der Kriegsruin­en ist alles an Neuanfänge­n möglich. Sein stärkstes Symbol fand der Regisseur in einem dreibeinig­en Hund, der lebensfroh daherhumpe­lt. Am Set hatte der Hund nur einen Makel: „Er stank entsetzlic­h.“

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Foto: Diekamp Sein Ensemble harmoniert­e auf Anhieb, sagt Regisseur Sam Garbarski.

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