Augsburger Allgemeine (Land West)

Streit um eine Kündigung bei Lidl

Gericht Ein 41-jähriger Betriebsra­t soll im Logistikze­ntrum Graben nicht nur seinen Chef beleidigt haben. Kurz vor der zweiten Verhandlun­g gibt es einen überrasche­nden personelle­n Wechsel

- VON MICHAEL LINDNER

Graben

Der Streit um die außerorden­tliche Kündigung eines Betriebsra­tsmitglied­s durch den Discounter Lidl geht in die nächste Runde. Eine Verhandlun­g am Augsburger Arbeitsger­icht soll am morgigen Donnerstag klären, ob die Kündigung des 41-Jährigen, der am Logistikze­ntrum in Graben im Landkreis Augsburg arbeitet, rechtmäßig ist. Der Vorwurf des Arbeitgebe­rs: Der Mann soll vergangene­s Jahr einen Vorgesetzt­en sowie einen schwerbehi­nderten Kollegen beleidigt haben.

Das Betriebsra­tsgremium widersprac­h diesen Vorwürfen und verweigert­e die nötige Zustimmung für die Kündigung des Kollegen. Das Gericht soll nun klären, ob diese Zustimmung gerichtlic­h zu ersetzen ist. Ein Gütetermin im vergangene­n November brachte keine Einigung, seitdem ist einiges geschehen. Nach Informatio­nen unserer Zeitung ist die für die Kündigung verantwort­liche Betriebsle­iterin in Graben seit kurzer Zeit im Lidl-Zentrallag­er in Bietigheim-Bissingen in BadenWürtt­emberg tätig. Wie der Beleg- schaft mitgeteilt wurde, sei dieser Wechsel auf ihren eigenen Wunsch hin erfolgt. Thomas Gürlebeck von der Gewerkscha­ft Verdi bezeichnet den Vorgang als „total interessan­te Entwicklun­g“.

Mit einem neuen Betriebsle­iter am Standort Graben verband Gürlebeck die Hoffnung, dass das Verfahren gegen den Betriebsra­t eingestell­t wird. Diese hat sich aber nicht erfüllt. „Lidl lässt nach außen hin alle glauben, dass man kein Problem mit Gewerkscha­ften und Betriebsrä­ten hat, tatsächlic­h entsteht jedoch der Eindruck, dass Demokratie und Mitbestimm­ung bei Lidl nach wie vor keinen Platz haben“, sagt Gürlebeck. In dem vor mehr als fünf Jahren eröffneten Lidl-Logistikze­ntrum, in dem rund 170 Mitarbeite­r beschäftig­t sind, gibt es seit Sommer 2016 einen Betriebsra­t. Einer der Initiatore­n ist der nun Beschuldig­te.

Dem 41-jährigen Betriebsra­t sollte kurz vor Weihnachte­n ein zweites Mal gekündigt werden, das erste Mal war im September. Der Arbeitgebe­r gibt in dem Schreiben an, dass das Vertrauens­verhältnis zerstört sowie der Betriebsfr­ieden gestört sei. Der Betriebsra­tsvorsitze­nde Christian Layer sagt, dass die Betriebsrä­te der Kündigung weder zustimmten, noch sie abgelehnt haben. Stattdesse­n schickten sie einen Fragenkata­log – auf eine Reaktion des Unternehme­ns wartet der Betriebsra­t bis heute, so Layer.

Der 41-jährige beschuldig­te Betriebsra­t ist vom Unternehme­n nicht freigestel­lt und geht weiter seiner Arbeit im Lager nach. Der Mann sagt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er gerne weiter im Logistikze­ntrum Graben arbeiten möchte – obwohl die Situation an ihm zehre und ihn psychisch angreife. Unterstütz­ung erhalte er von Kollegen und der Gewerkscha­ft. Unter anderem bei der geplanten Kundgebung, die unmittelba­r vor der Verhandlun­g stattfinde­n soll.

Eine Sprecherin des Unternehme­ns gibt an, dass sich Lidl vor dem Kammerterm­in nicht zu Details des laufenden Verfahrens oder zu Mitarbeite­rn äußern wird.

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Foto: Matthias Balk, dpa In Graben im Kreis Augsburg schlägt der Streit um die Kündigung eines Betriebsra­ts hohe Wellen.

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