Augsburger Allgemeine (Land West)

Ahmadiyya Gemeinde eröffnet dritte Moschee in Bayern

Religion Kalif reist aus London nach Augsburg. Wie diese Gläubigen einzuordne­n sind

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Augsburg

Nach acht Jahren Diskussion und Bauzeit hat Augsburg seine erste repräsenta­tive Moschee. Sie misst 350 Quadratmet­er und steht an einer der Ausfallstr­aßen Richtung Norden. Für die Eröffnung war Kalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad extra aus London angereist.

Der 67-Jährige ist das Oberhaupt der weltweiten Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ). Augsburg ist nicht seine einzige Station, er hat ein strammes Programm. Sein Vorgänger rief 1989, zum 100-jährigen Bestehen der Ahmadiyya in Deutschlan­d, ein 100-Moscheen-Projekt aus, das die deutsche, etwa 42 000 Mitglieder starke Gemeinde seither abarbeitet. Innerhalb von einem Jahr konnten sie zehn Neubauten realisiere­n. Das „Bait un-Nasir“, übersetzt „Haus des Helfers“, in Augsburg ist die 51. AhmadiyyaM­oschee im Bundesgebi­et. Die Kosten von 600000 Euro stammen aus der Zentrale in Frankfurt. Zur Finanzieru­ng dienten Spenden und Mitgliedsb­eiträge, die bei 6,2 Prozent des Bruttogeha­lts liegen. Außer in Augsburg können sich bayerische Ahmadiyya-Ortsgemein­den auch in Neufahrn und Würzburg in neuen Moscheen zum Gebet versammeln. In Nürnberg entsteht die vierte. Bei allen vier Häusern planten die Gemeinden ohne Minarett, dafür mit einem jeweils zwei bis drei Meter hohen Turm neben der Kuppel. Denn auch in Augsburg war es zu Protesten gekommen. Vor zwei Monaten wurde überdies die Außenwand der fast fertigen Moschee mit dem islamfeind­lichen Spruch „Wer baut Kirchen in der Türkei – Deutsche wacht auf“besprüht.

AMJ-Bundesvors­itzender Abdullah Uwe Wagishause­r betonte, dass seine Gemeinscha­ft ein Zeichen für den friedliche­n Islam setzen wolle. Die weltweit 15000 Moscheen der AMJ stünden für ein „klares Bekenntnis gegen extremisti­sche und fundamenta­listische Auswüchse“. In ihrer Tradition folgt die AMJ dem sunnitisch­en Islam. Gründer Mirza Ghulam Ahmad (1835–1908) lebte im britisch besetzten Indien und predigte die gewaltlose Verteidigu­ng des Islam gegen die Missionier­ung der Briten. Er erklärte, er sei der von Muslimen erwartete Messias und seine Schriften seien von Gott geoffenbar­t worden. Seither sprechen vor allem orthodoxe Sunniten den gewählten Nachfolger­n des Gründers (Kalifen) und den Anhängern ab, überhaupt zur islamische­n Gemeinscha­ft zu gehören. Dem sunnitisch­en Mainstream zufolge kann es seit dem Propheten Muhammad keine Offenbarun­gen und Propheten mehr geben.

„Eben wegen dieser Ächtung stehen Ahmadis zur Demokratie“, erklärt der Religionsw­issenschaf­tler Peter Antes, der über die Gemeinscha­ft forscht. Und was hält er von der auch in der Augsburger Gemeinde gelebten Sittenstre­nge, der starken Sozialkont­rolle und der sehr strikten Geschlecht­ertrennung? „Unsere Gesellscha­ft mit ihrem Recht auf selbstbest­immtes Leben kollidiert mit diesen Normen, nach denen der Einzelne der Gemeinscha­ft unterzuord­nen ist.“Eine offene Gesellscha­ft könne jedoch von der Ahmadiyya wie auch von der katholisch­en Kirche die Akzeptanz selbstbest­immter Lebensweis­en einfordern. Das sei kein Zeichen von Intoleranz, sondern legitim. „Ich denke, die Ahmadiyya ist ohnehin im Umbruch“, sagt Antes.

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Foto: Silvio Wyszengrad Gestern eröffnete die Ahmadiyya Gemeinde in Augsburg ihre Moschee. Dem Festakt waren Jahre des Protests und der Diskussion­en vorangegan­gen.

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