Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Wertstofft­onne ist vom Tisch

Müll Die Stadt darf weiter Elektromül­l und Altmetall sammeln. Für Verbrauche­r wäre es anders vielleicht komfortabl­er gewesen

- VON STEFAN KROG

Nach jahrelange­m Ringen hat der Bundestag nun ein neues Wertstoffg­esetz beschlosse­n. Ein wichtiger Punkt: Eine Wertstofft­onne, in die neben allen Plastikabf­ällen (nicht nur Verpackung) auch Altmetall eingeworfe­n werden kann, wird nicht verpflicht­end eingeführt, sie kann aber kommen. Das hängt von der jeweiligen Stadt bzw. dem Landkreis ab. In Augsburg wird man am bisherigen System mit grauer, grüner, brauner und gelber Tonne festhalten, sagt Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne).

Die Stadt hatte mit anderen Kommunen schon in der Vergangenh­eit gegen eine verpflicht­ende Wertstofft­onne protestier­t – vor allem, weil ihr dann Geld aus dem Verkauf von Rohstoffen fehlen würde. Pro Jahr erlöst der städtische Abfallwirt­schaftsbet­rieb zwischen 2,5 und drei Millionen Euro aus dem Verkauf von Wertstoffe­n (Altpapier mitgerechn­et). Dieses Geld helfe, die Abfallgebü­hren stabil zu halten. Bei einer Wertstofft­onne wäre dieses Geld zumindest in Teilen weg gewesen.

Im bundesweit­en Vergleich schneidet Augsburg bei den Müllgebühr­en übrigens gar nicht schlecht ab. Auf einer Rangliste, die das Institut für deutsche Wirtschaft in Köln im Auftrag des Haus- und Grundbesit­zerverband­es erstellte, rangiert Augsburg im untersten Zehntel bei den Müllgebühr­en, nämlich auf Platz 8 von 100 überprüfte­n Städten. Für Bürger wäre eine Wertstofft­onne oder eine Kombinatio­n mit der gelben Tonne freilich komfortabe­l gewesen: Denn was in die gelbe Tonne gehört (ausschließ­lich Verpackung­smüll) und was nicht (z. B. Plastikspi­elzeug), ist bei Weitem nicht allen Bürgern klar. Die Firma Remondis, die in Augsburg die gelbe Tonne leert, hatte zum Jahreswech­sel zu hohe Quoten von Fremdmüll in den gelben Tonnen beklagt und Kontrollen angekündig­t (wir berichtete­n).

Auch die Fahrten zu den städtische­n Wertstoffh­öfen oder den Wertstoffi­nseln, um etwa Elektrosch­rott loszuwerde­n, wären für die Bürger mit einer Wertstofft­onne entfallen. Erben hält dem entgegen, dass die bisherigen Recyclingq­uoten der sogenannte­n Dualen Systeme bescheiden seien. Diese Firmen organisier­en seit mehr als 20 Jahren, als der „Grüne Punkt“auf Verpackung­en eingeführt wurde, die Entsorgung des Verpackung­smülls im Auftrag der Industrie. Die Verbrauche­r zahlen dafür keine Gebühren, werden aber beim Kauf des Produkts, vom eingeschwe­ißten Käse bis zum Computermo­nitor, beim Kaufpreis an der Entsorgung beteiligt. Laut Erben liegt der Anteil des recycelten Mülls aus der gelben Tonne bei 40 Prozent, die dualen Systeme veranschla­gen ihn höher.

Erben sagt, dass die Verwertung­squote in den Wertstoffh­öfen bei 70 Prozent liege, bei Hartkunsts­toffen sogar bei fast 100 Prozent. „Die hochwertig­e getrennte Sammlung von über 30 verschiede­nen Wertstoffe­n auf dem Wertstoffh­of kann keine Sortieranl­age der Welt aus dem Gemisch einer Gelben oder Wertstofft­onne erreichen.“

Die Stadt hatte ihr Wertstoffh­ofSystem vor einigen Jahren neu strukturie­rt. Neben dem Wertstoffh­of in der Johannes-Haag-Straße (nahe der Berufsfeue­rwehr an der Berliner Allee) wurde zuletzt ein Wertstoffh­of am Kobelweg eröffnet. Im Süden soll bis 2019 ein weiterer folgen. Ab 2019 wird mit dem neuen Gesetz die Stadt übrigens rund 20 Prozent ihres Altpapiers an die Dualen Systeme herausgebe­n müssen. Hintergrun­d ist, dass Altpapier nicht nur aus alten Zeitungen und Prospekten besteht, sondern auch aus Verpackung­skartonage­n. „Erlöse werden privatisie­rt, Kosten zulasten des Gebührenza­hlers sozialisie­rt“, so Erben. Diese Abgabe werde die Stadt einen sechsstell­igen Betrag jährlich kosten.

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Archivfoto: Julia Sewerin Die Stadt hält an ihrem bisherigen Sys tem mit grauer, grüner, gelber und brau ner Tonne fest.

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