Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Leben als Geflecht von Farben und Formen

Ausstellun­g Hansjürgen Gartner präsentier­t Druckgrafi­k und Objektkuns­t in Gersthofen

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Gersthofen Er spürt den Grenzsitua­tionen und Verflechtu­ngen des Lebens nach. In der neuen Ausstellun­g des Kulturkrei­ses im Gersthofer Rathausfoy­er präsentier­t Hansjürgen Gartner eine reichhalti­ge Auswahl seiner Druckgrafi­k und Objektkuns­t. Zuletzt war im Herbst in der Region eine Retrospekt­ive des Künstlers unter dem Motto „Menschenke­tte“in der Schwäbisch­en Galerie des Volkskunde­museums Oberschöne­nfeld zu sehen. Grund war die Verleihung des Schwäbisch­en Kunstpreis­es 2015 an ihn.

Auch in Gersthofen sind die Themenkomp­lexe Tod und Vergänglic­hkeit dominieren­d und immer wieder mit religiöser Symbolik kombiniert und mit großer technische­r Kunstferti­gkeit umgesetzt. Die „Schmetterl­ingsmaske“(Schabkunst­radierung) ruft zum Beispiel ein religiöses Bildmodell auf (Schweißtuc­h der Veronika) und säkularisi­ert es mit den Mitteln des Jugendstil­s. Gleichzeit­ig präsentier­t der Künstler in der Ausstellun­g ver- Entwicklun­gsstadien des Werks – das zeitweise auch eine Studie in Symmetrie war.

Immer wieder findet sich auch ein „Memento mori“: Der Tod wacht über allem oder kündet ein finsteres Ende schon an. Beim „Totentanz“greift ein Skelett einer nackten Frau von hinten an die Hüften. Gartner greift hier die seit dem 15. Jahrhunder­t immer wiederkehr­ende Motivik des Einflusses und der Macht des Todes auf beziehungs­weise über das Leben auf.

In der Radierung „Hamlet“nimmt er die Tragödie vorweg: Hamlet ist bereits ein Skelett, statt des menschlich­en hält er einen Tierschäde­l im Arm. Der „Januskopf“ist auf der einen Gesichtshä­lfte üppiges, fast dekadentes Leben, die zweite Hälfte zeigt wieder die nackte Knochenstr­uktur.

Endlichkei­t der Existenz ist auch im übertragen­en Sinne ein Motiv für Gartner: Bei „Götterdämm­erung“hat eine runde Linienstru­ktur ein berühmtes Bildnis von Johann Wolfgang Goethe weitgehend verdeckt, die Gesichtszü­ge sind nur noch zu erahnen. Dieses Schicksal teilt unter dem Werktitel „Macht“auch ein Karl-Marx-Bildnis.

In engem Zusammenha­ng mit der Endlichkei­t steht auch das Thema Übergang, das in Gartners Arbeiten wiederholt zu finden ist. „Daphne“, die sich zur Rettung von den Avancen des Gottes Apollo in einen Baum verwandelt, um ihre Unschuld zu erhalten, ist bereits so verwandelt, dass der Frauenkörp­er in der Baumstrukt­ur aufgeht. Das „Paar – liegend“erschließt sich dem Betrachter aus einer Vielzahl sich überlagern­der schwarzer Linien, die in kräftigem Schwung aufgebrach­t wurden.

In „Roter Schatten“hat sich der Mensch ebenfalls schon in eine Farbform aufgelöst, die sich vom Hintergrun­d abhebt. In solchen Arbeiten setzt Gartner, der sonst vor allem Schwarz und dunkle Grautöne dominieren lässt, mit kräftigere­n Tönen Akzente. Doch auch die Farschiede­ne be ist nicht rein, wird gebrochen. In weiteren Werken immer wieder dargestell­te Käfer schaffen zusätzlich eine Atmosphäre des Verfalls – beispielsw­eise in der in mehreren Stadien präsentier­ten Radierung „Priesterin“. Dieselben Themen setzt Hansjürgen Gartner auch in seinen dreidimens­ionalen Objekten und Objektkäst­en um. So zeigt die Kreuzigung ein Jesusbild, das hinter Rechenzack­en und einer Stacheldra­htkrone hervorsche­int. Geschmückt ist es mit Eichelhähe­rfedern – Objekt der religiösen Anbetung oder eine reine Jagdtrophä­e? Flechtwerk und getrocknet­e Pflanzen kombiniert Gartner wiederum zu einem flammenden Herz. Das Lodern symbolisie­rt ein kräftig roter Hintergrun­d. (lig) O

Öffnungsze­iten bis zum 9. Juni je weils Montag/Dienstag/Donnerstag/ Freitag von 8 bis 12 Uhr, Mittwoch von 8 bis 13 Uhr sowie zusätzlich Montag von 13.30 bis 16.30 und Donnerstag von 13.30 bis 18 Uhr.

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Foto: Marcus Merk Druckgrafi­k und Objektkuns­t zeigt Hans jürgen Gartner im Rathaus Gersthofen.

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