Augsburger Allgemeine (Land West)

Als sich die Stadt die Bildung eroberte

Serie (10) Bis zum Ende des Mittelalte­rs hatte die Kirche das Regiment über die Schulen. Mit der Reformatio­n gründete Augsburg sein eigenes Gymnasium – und daneben die Bibliothek

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Als der Augustiner­mönch Martin Luther 1517 zu Wittenberg seine 95 Thesen gegen den Ablasshand­el publiziert­e, blieb sein Protest in der Kaufmannss­tadt Augsburg nicht ohne Widerhall. Im Jahr 1518 hatte sich Luther dann auch hier auf dem Reichstag für seine Aufsässigk­eit zu rechtferti­gen. Unsere neue Serie, immer dienstags an dieser Stelle, verfolgt Luthers Spuren in Augsburg. te darauf, auch schwach begabte Schüler mitzuziehe­n und auf Kinder reicher Eltern einzugehen, die lediglich auf das Handelsges­chäft vorbereite­t werden sollten. Verdrossen begrub deshalb Hieronymus Wolf, der Griechisch­lehrer und spätere Rektor, alle Pläne, das St.-AnnaGymnas­ium zur Hohen Schule weiterzuen­twickeln: „Dass für eine Akademie für eine Stadt kein Platz sei, die in erster Linie auf Geld und Vergnügen aus ist, habe ich natürlich vorausgese­hen.“

Stolz sein durfte Wolf dagegen auf die wissenscha­ftliche Errungensc­haft im unmittelba­ren Zusammenha­ng mit dem Gymnasium: die 1537 gegründete Stadtbibli­othek. Die „newe Liberey“ergab sich fast von selbst, denn es galt, die Bücher aus den aufgrund der Reformatio­n aufgelöste­n Bettelklös­tern zu sammeln. Deren Mönche waren entweder übergetret­en, oder sie wurden ausgewiese­n. Und weil schon 1531 der Rat die neue Lateinschu­le bei St. Anna gegründet hatte, traf es sich gut, deren Direktor Sixt Birk auch zum Bibliothek­sleiter zu ernennen. Auf dass in Augsburg „gelehrte und redegewand­te“junge Bürger aufwüchsen, denn so lautete das Ideal.

Eine entscheide­nde Änderung von Selbstvers­tändnis und Verfassung der Reichsstad­t hatte sich abgespielt: Mit einer Kirchenord­nung hatte der Rat im Juli 1537 eine neue Einheit von Stadt und Kirche geschaffen. Die Autorität der Bürgerscha­ft im Politische­n beanspruch­te nun auch das Regiment in den Pfarreien und Klöstern – damit den Zugriff auf ihr exklusives Bildungsgu­t.

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Foto: Silvio Wyszengrad Im Annahof entstand in den Jahren 1531–1537 mit dem Gymnasium und der Stadt bibliothek ein neues reformator­isches Bildungsze­ntrum.

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