Augsburger Allgemeine (Land West)
Stadtwerke Chef: Neusässer Tram ist eine Chance
Straßenbahn Es gibt einen Vorschlag des Verkehrsunternehmens für eine Verlängerung der Linie 2 oder 5. Warum Geschäftsführer Walter Casazza viel von einer Trasse bis zum Titania-Bad hält
Neusäß Eine Straßenbahn in Neusäß? Der Chef der Stadtwerke Augsburg, Walter Casazza, hält viel von dieser Idee und spricht von einer „Win-win-Situation“. Den Neusässer Stadträten hat er den Vorschlag für eine Verlängerung der Linie 2 oder 5 im Herbst vorgestellt. Casazza will bei diesem Thema am Ball bleiben. Als Nächstes würden die Stadtwerke der Stadt Neusäß empfehlen, eine Machbarkeitsstudie für eine Straßenbahn in Auftrag zu geben, kündigt Casazza an. „Es lohnt sich, da genau hinzuschauen.“
Das Umland von Augsburg sei geradezu prädestiniert für den öffentlichen Nahverkehr, ist der Geschäftsführer der Stadtwerke überzeugt. „Die Menschen machen doch an den Stadtgrenzen nicht halt.“Ziel müsse eine sinnvolle Vernetzung von Stadt Augsburg und Umland sein. Man dürfe den Wunsch nach Mobilität im Großraum Augsburg nicht allein den Autos überlassen. Für Casazza wäre eine Straßenbahn nach Neusäß einer der Bausteine rund um die Mobilitätsdrehscheibe am Hauptbahnhof. Dazu gehören die Linie 3 nach Stadtbergen, die 6er bis Friedberg, die neu beschlossene Linie 3 ins Zentrum von Königsbrunn und eine Linie 4 nach Gersthofen.
Die Idee der Stadtwerke sieht eine Straßenbahntrasse vor, die von der Westheimer Straße quer durch Neusäß hindurchführt. Es gibt verschiedene Varianten für die Strecke, zum Beispiel über Weldenbahnradweg und Lohwaldstraße oder über die Hauptstraße und am Schulzentrum vorbei. Endpunkt soll jeweils das Titania-Bad sein. Die Fahrzeit vom Augsburger Königsplatz dorthin beträgt rund eine halbe Stunde. Etwa drei Kilometer wären die Strecken in Neusäß lang.
Bereits vor rund 20 Jahren wurde die Frage einer Verlängerung der Straßenbahn 2 bis Neusäß schon einmal untersucht. Den Bau der Linie 5 sieht Casazza als „neuen Impuls“, das Thema wieder anzugehen. Der Bau der Uniklinik in Augsburg sei ein weiterer Grund, der dafür spreche. Casazza erwartet, dass sich in der Umgebung der Uniklinik mehrere medizinische Institute ansiedeln werden. Der sogenannte „Speckgürtel“von Augsburg wachse immer weiter. Für die Straßenbahn spreche auch der Umweltgedanke, findet der Stadtwerke-Chef. Die jüngere Generation sei eher bereit, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Das Umland von Augsburg braucht nach Einschätzung von Casazza auch wegen der hohen Zahl der Pendler eine Entlastung auf den Straßen.
Wie könnte es in Neusäß weitergehen? Bisher gibt es keine genaue Planung und keine Zahlen, nur Vorüberlegungen. Stadtwerke und Stadt Neusäß müssten gemeinsam eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben. Die Stadt Gersthofen hat dies bereits getan. Hier wird eine Verlängerung der Linie 4 vom Bahnhof Oberhausen bis ins Zentrum oder zum Bahnhof geprüft.
Eine solche Studie würde die Stadt Neusäß rund 50 000 Euro kos- ten, so Casazza. Sie würde zeigen, ob Potenziale für die Nutzung einer Straßenbahn da sind und was der Bau kosten würde. Geklärt werden dort auch die technischen Fragen für den Bau, also zum Beispiel, ob die Straßenbahn in Neusäß um die Ecken kommt. So eine Studie dauert nach Erfahrung der Stadtwerke ein halbes Jahr.
Erst dann kämen wieder die politischen Gremien zum Zug. Stadt Neusäß, Landkreis, Stadt Augsburg und Stadtwerke müssten sich darauf einigen, dass das Projekt fortgesetzt wird. Dann ginge es tiefer in die Planung, und es folge die Gretchenfrage, wer was von den Kosten übernimmt. Erst wenn das geklärt ist, falle so wie für die Straßenbahn in Königsbrunn von allen Gremien der Grundsatzbeschluss für den Bau. Das alles kann dauern. Den ganzen Prozess schätzt Casazza für Neusäß dennoch als „sehr lohnend“ein. Er erwartet sich bei einer Untersuchung ähnliche Ergebnisse wie bei Königsbrunn: „Hier war der Bedarf mehr als eindeutig.“
Inzwischen liegt zu dem Thema Straßenbahn ein Antrag der Stadtratsfraktion der Freien Wähler vor. Sie sind der Auffassung, dass der Vorschlag der Stadtwerke Augsburg aufgegriffen werden sollte, um die Chance einer optimalen Anbindung der Stadt Neusäß an das öffentliche Verkehrsnetz nicht noch einmal zu verschlafen, so die Fraktionsvorsitzende Inge Steinmetz-Maaz. Auch im Hinblick auf die neuen Baugebiete werde eine Straßenbahn die Wohnqualität und -attraktivität zweifellos steigern, so die Freien Wähler. Sie beantragten, den Stadtwerken die Bereitschaft der Stadt Neusäß zu signalisieren, sich an einer Studie zur technischen Machbarkeit einer Straßenbahnlinie nach Neusäß zu beteiligen.