Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Vater der Republik
Hintergrund Vor 50 Jahren starb der erste Kanzler der Bundesrepublik. Konrad Adenauer machte aus Deutschland wieder ein geachtetes Mitglied der Völkerfamilie. Doch bis heute gehen die Meinungen über den „Alten von Rhöndorf“auseinander
Berlin
Die junge Republik hielt den Atem an und erstarrte in kollektiver Trauer. Die Rundfunkanstalten unterbrachen ihr Programm und spielten nur noch ernste Musik, die Fahnen auf allen öffentlichen Gebäuden wehten auf halbmast, Menschen weinten und schwiegen. Als sich vor 50 Jahren, am 19. April 1967, wie ein Lauffeuer die Nachricht verbreitete, dass der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer um 13.21 Uhr in seinem Haus in Rhöndorf bei Bonn an den Folgen eines Herzinfarkts im Alter von 91 Jahren gestorben war, trauerte das ganze Land wie eine Familie um ihren geliebten Vater, der nun seine Nachfahren alleine ihrem Schicksal überließ.
Entsprechend groß waren die Betroffenheit und die Erschütterung. Ein Deutschland ohne die prägende Gestalt des Patriarchen, der als erster Bundeskanzler nach der menschenverachtenden nationalsozialistischen Diktatur, dem Krieg und dem Holocaust die Geschicke der Bundesrepublik von 1949 bis 1963 leitete und das Land von einem geächteten zu einem geachteten Mitglied der internationalen Völkerfamilie machte, konnten und wollten sich viele vor einem halben Jahrhundert nicht vorstellen. Selbst der politische Gegner, den Adenauer zeit seines Lebens nie geschont hatte, würdigte das Lebenswerk des „Alten aus Rhöndorf“: „Wir verneigen uns in Ehrfurcht vor einem Mann, der für sein Volk Großes gewollt gründer der CDU im Rheinland, einer völlig neuen Form einer überkonfessionellen christlichen Partei, zog er die Strippen bei der Wiederbegründung des politischen Lebens im Nachkriegsdeutschland, als Präsident des Parlamentarischen Rates 1948/49 schuf er sich eine glänzende Ausgangsposition für seine Karriere in der 1949 gegründeten Bundesrepublik.
Als Kanzler hatte die Aussöhnung mit den Gegnern von einst und die Integration in die freie westliche Welt absolute Priorität. „Kanzler der Alliierten“schalt ihn deshalb der kämpferische SPD-Chef Kurt Schumacher, ein Vorwurf, der ihn tief traf. Gleichwohl war der Preis, den Adenauer für seine Politik der Westbindung zahlen musste, hoch, nahm er doch die dauerhafte Teilung Deutschlands in Kauf, was im Bundestag zu heftigen Debatten führte. Innenpolitisch profitierte er vom „Wirtschaftswunder“. 1957 gewann er als bisher einziger Regierungschef die Bundestagswahl mit dem Slogan „Keine Experimente“mit absoluter Mehrheit.
Danach allerdings sank sein Stern rapide. 1959 lieferte er ein unwürdiges Schauspiel um das Amt des Bundespräsidenten, 1961 verhielt er sich seltsam apathisch, als das SED-Regime in Berlin die Mauer baute, 1962 kam es im Zuge der „SpiegelAffäre“zu einer schweren innenpolitischen Krise. Die Zeit war über ihn hinweggegangen. 1963 musste er sein Amt dem populären Wirtschaftsminister Ludwig Erhard