Augsburger Allgemeine (Land West)
Von wo aus führte Jakob Fugger sein Imperium?
Geschichte Der Bankier und Kaufmann residierte in einer „Goldenen Schreibstube“. Was davon übrig ist / Serie (28)
Augsburg
Von wo aus führt ein erfolgreicher Kaufmann und Bankier seine Geschäfte? Wie mag wohl ein Büro aussehen, über das Handel getrieben wird mit Ländern in ganz Europa? Für die heutige Zeit kann man sich ein solches Büro noch recht gut vorstellen: groß, hell, vielleicht ein Kunstwerk an der Wand. Aber im 15. und 16. Jahrhundert? Nun, auch Jakob Fugger residierte – davon kann man ausgehen – feudal. Nicht umsonst wird sein früheres Büro bis heute die „Goldene Schreibstube“genannt. Wie sie ausgesehen hat, ist dank eines Gemäldes überliefert: Es zeigt Fugger mit seinem Buchhalter Matthäus Schwartz, der vor dicken Büchern an einem hölzernen Tisch sitzt. Dahinter ein Schrank mit Schubladen, auf der Front jeder steht der Name einer anderen Handelsvertretung: Venedig, Rom, Innsbruck...
Von Luxus ist auf diesem Bildausschnitt wenig zu sehen, wenngleich die Bauweise und die Ausstattung wohl von hoher Qualität waren. Sicher weiß man aber über die Lage jener Goldenen Schreibstube Bescheid: Sie befand sich im heutigen Mettlochgäßchen, einem schmalen Durchgang zwischen Philippine-Welserund Annastraße mitten in der Augsburger Innenstadt. Golden allerdings ist dort nichts mehr: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Schreibstube als Erker wiederhergestellt – eine bloße Erinnerung an einer Häuserfassade. Der Raum dahinter hat mit Fugger nichts mehr zu tun.
Ab 1512 baute die Familie Fugger die Gebäude am Weinmarkt (heute Maximilianstraße 36) um. Wie Jakob Fugger diese Räume nutzte, wo also welches Zimmer lag, ist nur teilweise überliefert. Franz Karg, Leiter des Fugger’schen Familienund Stiftungsarchivs, geht aber davon aus, dass Fuggers Büro nicht weit davon gelegen haben dürfte – nämlich im Innenbereich von Hausnummer 36. Der heute als „Fuggerhäuser“bekannte Komplex an der Augsburger Maximilianstraße entstand dagegen erst nach dem Tod Jakob Fuggers. Sein Nachfolger Anton Fugger gab in den Jahren 1533 bis 1539 außerdem viel Geld für den Bau einer Schreibstube hin zum heutigen Apothekergäßchen aus. Die Büroräume seines Onkels Jakob Fugger übernahm er nicht.
Über die Jahre gab es, abgesehen von der berühmten Goldenen Schreibstube am Rindermarkt, wohl mehrere „Büros“. Archivar Franz Karg nennt die „Gemeine Fuggersche Schreibstube“, die sich im zweiten Stock des Hauses in der Maximilianstraße 36 befand – mit Blick zum Zeughaus. Im Nachbarhaus gab es ebenfalls ein „Schreibstüblin“. Aber es verwundert ja auch nicht: Wer ein weltweit agierendes Unternehmen führt, kommt nicht nur mit einem Büro aus.
So bleibt heute nur, über die Geschäftstüchtigkeit der Familie Fugger zu staunen – auch wenn die Details über ihre Schreibstuben für immer ein Geheimnis bleiben werden.