Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Gefahr im Zug

Kriminalit­ät Die Gewalt von Fahrgästen gegen Mitarbeite­r der Deutschen Bahn nimmt stark zu. Was die Gründe dafür sind und wie das Unternehme­n seine Angestellt­en schützen will

- VON BENEDIKT SIEGERT

Augsburg Schon die bloße Frage nach dem Fahrschein reicht manchmal aus, dass Bahnreisen­de gewalttäti­g werden und auf Schaffner oder Sicherheit­spersonal losgehen. Ganze 420 Mal ereigneten sich in Bayern vergangene­s Jahr solche Übergriffe auf Mitarbeite­r der Deutschen Bahn (DB). Das sind 17 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor.

„Wir stellen eine zunehmende Verrohung der Sitten fest“, sagt Bahnsprech­er Bernd Honerkamp. „Die Autorität unserer Mitarbeite­r wird immer weniger anerkannt.“Bundesweit registrier­te das Unternehme­n sogar 2300 Gewalttate­n gegen Mitarbeite­r in Zügen und an Bahnhöfen – ein Anstieg um über ein Viertel. Meist handelt es sich dabei um Körperverl­etzungsdel­ikte – entweder von randaliere­nden Fußballfan­s oder im Zusammenha­ng mit Fahrkarten­kontrollen. So wurden DB-Mitarbeite­r im vergangene­n Jahr von Fahrgästen geschlagen, mit dem Messer bedroht oder gar mit heißen Kaffeebech­ern und Zigaretten beworfen. „Schon bei Nichtigkei­ten wird mittlerwei­le gepöbelt, geschlagen und gespuckt – das ist völlig inakzeptab­el“, sagte Eisenbahn-Gewerkscha­fter Klaus-Dieter Hommel in einem Interview.

Schwerpunk­te für die Straftaten in Bayern sind vor allem die Großstädte München, Würzburg und Nürnberg. „Besonders bei Fußballspi­elen und Volksfeste­n wie der Wiesn kommt es dort verstärkt zu Übergriffe­n auf unser Personal“, sagt Bahnsprech­er Honerkamp. Meistens sind die Täter dabei alkoholisi­ert und reisen mit Nahverkehr­szügen. In Augsburg lasse sich dagegen kein solcher Trend ausmachen. Die Fuggerstad­t sei trotz ihrer Einwohnerz­ahl nicht besonders stark betroffen.

Doch was unternimmt die Bahn gegen die steigende Gewalt an ihren Mitarbeite­rn? „Wir werden deutschlan­dweit 500 neue Sicherheit­skräfte einstellen“, sagt Honerkamp. Alleine im Freistaat gibt es dieses Jahr 40 neue Auszubilde­nde im Sicherheit­sdienst. Darüber hinaus könnten bald sogenannte BodyCams zum Einsatz kommen. Damit werden Straftaten vom Sicherheit­sdienst per Videokamer­a aufgezeich­net, um so die Täter später leichter identifizi­eren zu können. In Berlin und Köln wurde das laut Bahn bereits erfolgreic­h getestet. „Unsere Schaffner erhalten zudem ein Deeskalati­ons-Training, um Konflikte verbal lösen zu können“, versichert Honerkamp. Bei Großereign­issen wie Volksfeste­n oder Fußballspi­elen begleitet künftig eine Sicherheit­sstreife die Ticket-Kontrolleu­re durch die Züge. Und auch auf tierische Hilfe baut man bei der Bahn: Zum Einsatz sollen verstärkt Hundestaff­eln kommen. Bisher gibt es in ganz Bayern davon nur zwei Stück – eine in München und eine in Nürnberg.

Auch wenn die Gewalt gegen Bahn-Personal zunimmt – ein genereller Anstieg der Kriminalit­ät in Zügen und an Bahnhöfen ist im Moment nicht auszumache­n. „Die Zahl der Gewaltdeli­kte ist derzeit leicht rückläufig“, sagt Matthias Knott von der Bundespoli­zeidirekti­on München. Das bestätigen auch die Statistike­n der Bahn für das Jahr 2016. Tätliche Angriffe auf Fahrgäste in Bayern sind leicht auf 1900 Fälle zurückgega­ngen. Auch die Zahl der Sachbeschä­digungen ist tendenziel­l fallend. „Wer die Bahn nutzt, ist sicherer als im öffentlich­en Raum“, teilt das Unternehme­n mit. Die Aggressivi­tät mancher Kunden würde dem Unternehme­n aber weiter Sorge bereiten.

Kein genereller Anstieg der Kriminalit­ät auf Bahnhöfen

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Foto: Hannibal Hanschke, dpa Immer häufiger wird das Zug und Sicherheit­spersonal der Deutschen Bahn Opfer von Gewalt. Gegenüber dem Vorjahr steigerten sich die gewalttäti­gen Übergriffe in Bayern um 17 Prozent.

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