Augsburger Allgemeine (Land West)
„Die Nutznießer tragen auch alle Kosten“
Wasserversorgung Können die Bürger von Gessertshausen nun Ansprüche an die Gemeinde stellen? Wohl kaum, sagt ein Experte
Gessertshausen Wer ist schuld an den maroden Trinkwasseranlagen in Gessertshausen? Das war eine der häufigsten Fragen, die bei der jüngsten Infoversammlung zu dem Thema von den Bürgern gestellt wurde. Noch steht nicht fest, wie viel die Arbeiten für die Ertüchtigung des Trinkwassernetzes am Ende kosten werden. Doch hinter den Fragen der Bürger steckt freilich auch die Frage, wer am Ende dafür bezahlen muss. Darüber haben wir mit Johannes Bayerl, Leiter der Kommunalaufsicht im Landratsamt Augsburg, gesprochen.
Herr Bayerl, wer muss denn nun für die Arbeiten am Leitungsnetz in Gessertshausen bezahlen?
Johannes Bayerl: Die gemeindlichen Wasserversorgungsanlagen sind nach dem Willen des Gesetzgebers als sogenannte „kostenrechende Einrichtungen“zu betreiben, das ist im Kommunalabgabengesetz so festgehalten. Dies bedeutet konkret, dass sämtliche Nutznießer der Einrichtung auch alle anfallenden Kosten hierfür zu tragen haben.
Gilt das auch in dem vorliegenden Fall? Hier scheint es ja so zu sein, dass die Gemeinde schon früher hätte handeln müssen.
Bayerl: Ja. Nachdem in Gessertshausen in der Vergangenheit Wartungsund Sanierungsmaßnahmen an der in die Jahre gekommenen Wasserversorgungsanlage nach den Erkenntnissen der Fachleute wohl schon früher angezeigt gewesen wären, hätten auch die hierfür anfallenden Kosten schon damals über den Wasserpreis umgelegt werden müssen. In finanzieller Hinsicht haben deshalb die Bürger Gessertshausens zunächst einmal wegen der aufgeschobenen Sanierungsmaßnahmen jahrzehntelang von relativ günstigen Wasserpreisen direkt „profitiert“, sodass von einem
„Schaden“im eigentlichen Sinne keine Rede sein kann.
Wie meinen Sie das genau?
Bayerl: Die eigentlich schon eher erforderlichen Sanierungsmaßnahmen an der veralteten Anlage werden eben jetzt nachgeholt und deren Kosten im Rahmen der nächsten Gebührenkalkulation sozusagen ebenfalls „verspätet“umgelegt. Hierbei entscheidet die Gemeinde, ob die Aufwendungen über eine reine Gebührenanpassung oder eine Mischung zwischen (einmaligen) Verbesserungsbeiträgen und Gebührenerhöhungen refinanziert werden.
Dabei kann es sich aber doch für die einzelnen Bürger um hohe Summen handeln, die nun nicht nach und nach über Jahre hinweg gezahlt werden müssen, sondern auf einmal. Zudem haben etwa die Deubacher seit Monaten lediglich gechlortes Wasser zur Verfügung. Glauben Sie, dass sich besonders betroffene Bürger nun mit zivilrechtlichen Forderungen an die Gemeinde wenden könnten?
Bayerl: Ein über diese Refinanzierung hinausgehender Schadensersatz einzelner Anschlussnehmer wird nach unserer Auffassung schwierig durchzusetzen sein, denn letztendlich wurden die Bürger ja mit zwar chlorierten, aber doch den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechendem Frischwasser versorgt. Dabei ist auch anzumerken, dass die aktuelle Verkeimungssituation der gemeindlichen Wasserversorgung unseres Wissens nicht nur aus den Wartungsrückständen an den zentralen Einrichtungen, sondern auch aus teilweise veralteten Hausanschlüssen oder Hausinstallationen resultieren könnte, sodass die konkrete Zurechenbarkeit von Schadensursachen schwierig bis unmöglich sein wird.
Interview: Jana Tallevi