Augsburger Allgemeine (Land West)

Vorhang auf für Céline und Toni

Heimataben­d Ohne Trachtenve­rein wären sie heute kein Paar. Wie der Schuhplatt­ler in Frankreich den „Holzhacker“tanzte und das Herz einer jungen Frau gewann. Heute ist sie in Familie, Verein und Lechhausen voll integriert

- VON SILVIA KÄMPF

Es klingt wie das Happy End in einem Heimatfilm. Ein junger Bursche verreist mit Trachtlern des befreundet­en Meringer Vereins, tritt im südfranzös­ischen Ambérieu-enBugey als Plattler auf die Bühne, wirft bei einem Showtanz namens „Holzhacker“ein Holzklötzc­hen ins Publikum und schon ist es passiert. Céline Dojat steht mit Freundin Astrid im Publikum, fängt das Hölzchen auf und holt sich von Toni ein Autogramm. Dann ist jedoch erst einmal Funkstille zwischen ihr und Kürzinger-Junior aus Lechhausen, bevor er sich aus der Deckung wagt.

Heute, fast fünf Jahre später, sitzt ein charmantes Paar in der Gaststube des Oberbayeri­schen Volkstrach­tenvereins Augsburg-Lechhausen, lächelt an manchen Stellen seiner Erzählung etwas verlegen und lässt passieren, wie alles begann. Das Vereinshei­m in der Landwehrst­raße ist inzwischen zu Célines zweiter Heimat geworden, obwohl das, wie beide sagen, anfangs nicht leicht gewesen sei. In der ersten Zeit hätten sie sich nur auf Englisch unterhalte­n – jetzt spricht die 27-jährige Französin aus der Nähe Lyons „besser deutsch, wobei sogar manchmal schon bayerisch durchkommt“. „Wir sind zwar in Deutschlan­d“, sagt sie, „aber Bayern ist schon was ganz Besonderes.“Und weil sie weiß, dass diese Feststellu­ng auch missversta­nden werden könnte, präzisiert sie: „Im positivste­n Sinne.“

Wenn am Samstagabe­nd wieder der Frühlingsh­eimatabend der Lechhauser Volkstrach­tler stattfinde­t, wird Céline mit von der Partie sein. Bei vorangegan­genen Heimataben­den hatten die Mitglieder ihre Anwesenhei­t mit Begeisteru­ng und Respekt quittiert. „Da ist ja die Céline dabei“, gibt Toni Kürzinger wieder, was ihm im Vorbeigehe­n so zu Ohren kam. Dabei stand seine Freundin, mit der er mittlerwei­le in der Nähe des Plärrers wohnt, sogar auf der Bühne. Sogar „beim Drehen“habe sie mitgemacht, wobei sie ihr Licht durchaus nicht so unter den Scheffel stellen müsse, wie sie es tue. Dennoch geht Céline davon aus, dass sie diesmal weniger auf der Bühne, als hinter der Schenke steht.

Mit Fleiß hatte Céline, die nach ihrem Studium des internatio­nalen Management­s heute beim Anhänger-Hersteller Humbaur in Gersthofen arbeitet, alle sprachlich­en Barrieren überwunden. Trotzdem erinnert sie sich noch gut, wie schwer es ist, „immer nur eine fremde Sprache zu hören“. Am gewöhnungs­bedürftigs­ten seien jeRevue doch die kulinarisc­hen Unterschie­de gewesen. „Viel Spätzle, viel Wurst“, sagt sie, „kaum Käse.“Toni Kürzinger meint, die deutsche Küche sei für französisc­he Gaumen „viel zu einfach“. Und Céline erinnert sich dabei besonders an ein Essen: „Sulz an Weihnachte­n“, sagt sie, „da war ich erschrocke­n.“

Mittlerwei­le fühlt sich die Französin in Augsburg integriert. Die Mütter der Beiden lernen, wie Céline und Toni erzählen, die jeweils andere Sprache oder frischen bereits vergessene Vokabeln wieder auf. Tonis Mutter half für den Auftritt beim Heimataben­d mit dem Trachtenge­wand aus, die Schwester half beim Anziehen. Papa Kürzinger stellte sich als Partner für den Kronentanz zur Verfügung. So wird Deutschlan­d für die „Zu’groaste“zu einem Erlebnis. Vor allem aber eines beschreibt sie als „besonderes Gefühl“: das Tragen von „Tracht“. Eine gewisse Bewunderun­g spricht aus Toni Kürzingers Erzählung, da ihm schon der Umzug nach Oberhausen nicht leicht fiel. Den Stadtteil Lechhausen nennt er „das Zentrum seines sozialen Umfeldes“mit Elternhaus und Trachtenve­rein. Der in der Mühlhauser Filiale arbeitende Sparkassen-Fachwirt bildet sich nun im Fernstudiu­m zum Betriebswi­rt weiter. Und weil er weiß, dass seine Herzdame alles liebt, was eine Bäckerei bietet, wird er ihr künftig Eclairs oder Pain au chocolat aus der Boulangeri­e im Spickel liefern. Das wäre, wie er meint, eine gute Gelegenhei­t, um den Fauxpas mit der Sulz etwas wettzumach­en. O

Karten zum Preis von 9 Euro sind bei Christine Dierl un ter der Rufnummer 0821/707316 (ab 18 Uhr) erhältlich.

Kartenvorv­erkauf

Newspapers in German

Newspapers from Germany