Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Reibach mit der Rille
Schallplatte Seit zehn Jahren steigen die Vinyl-Verkäufe wieder. Das totgesagte Tonträger-Format, einst Medium des Widerstands, garantiert erneut lukrative Umsätze. Warum davon in erster Linie die Musik-Multis profitieren
Augsburg/Ulm
Das sanfte Knistern, wenn die Nadel die Rille abtastet: Das finden jetzt alle wieder romantisch, analog, nostalgisch. Martin Maag weiß es schon lange zu schätzen: „Wenn du eine Platte auflegst, ist das ein bewussteres Musikhören. Das ist etwas ganz Anderes, als wenn du 50 000 Tracks auf deinem iPhone hast.“
Martin Maag, 54, ist freilich befangen. Er ist nicht nur langjähriger DJ und Eigentümer einer gewaltigen Vinylsammlung, sondern auch Inhaber des Ulmer Plattenladens „Soundcircus“. Ein kleines Geschäft, das in den rund 29 Jahren seines Bestehens Höhen und Tiefen des Vinyl-Geschäfts erlebt hat. Und jetzt auch den neuen Boom des einst totgesagten Mediums, das am heutigen Samstag mit dem „Record Store Day“so etwas wie seinen jährlichen hohen Festtag begeht.
Erst vor ein paar Tagen legte der Branchendienst GFU Statistiken für das vergangene Jahr vor (wir berichteten). Demnach wurden 2016 in Deutschland 3,1 Millionen Schallplatten
Zum Ärger mancher Händler lassen sich einige negative Entwicklungen auch am „Record Store Day“ablesen. Im Vergleich zu früheren Jahrgängen gibt es ein Vielfaches von Veröffentlichungen, „aber die Tiefe und Qualität fehlt“, beklagt Plattenhändler Maag. Die speziellen Angebote für den Vinyl-Feiertag bestehen zu einem großen Teil aus schick aufgemachten und künstlich verknappten Neuauflagen aus dem Back-Katalog der Major-Labels (unter anderem von Prince, David Bowie und Motörhead) – oder aus solchen Titeln, die sowieso auf dem Release-Plan stehen. Exklusiv ist da oft nur der bisweilen happige Preis. Trotzdem begrüßt Händler Maag, dass es den „Record Store Day“gibt. „Die Grundidee ist komplett richtig.“Denn bei aller Kritik: Dass sich heute wieder mehr Menschen für die gute alte Schallplatte begeistern, ist auch für ihn zunächst einmal erfreulich, und der heutige Samstag dürfte ihm und vielen seiner Händlerkollegen willkommene Einnahmen bringen.
Einer Entwicklung der vergangenen Jahre kann Maag zwar nicht als