Augsburger Allgemeine (Land West)
Altes Osterspiel neu zu sehen
Szenen aus dem 16. Jahrhundert in St. Moritz
Geistliches Theater, das in der Volkssprache die biblischen Erzählungen nachspielte, liebten die Leute im Mittelalter. Wie das Augsburger Osterspiel des späten 16. Jahrhunderts heute ankommt, wird sich am Sonntag, 23. April, in St. Moritz zeigen. Sänger und Instrumentalisten der Gruppe Per-Sonat und Lektoren der Pfarrgemeinde werden es erstmals nach langer Zeit dort wieder aufführen (Beginn um 20 Uhr).
Den Text aus einer Handschrift der Kapuzinerbibliothek Innsbruck haben Studierende des MittelalterGermanisten Prof. Klaus Wolf sorgfältig aufbereitet und die Lesefehler einer Edition der 70er Jahre ausgemerzt. Die alten Noten schrieb Ute Evers von der Musikwissenschaft in gängigen Tonsatz um. Sabine Lutzenberger richtete sie dann für ihr Ensemble Per-Sonat ein, das sie mit Blockflöte, Drehleier, Fiedel und Laute aufführt. In St. Moritz wird das Spiel teils gesprochen, teils gesungen, aber nicht szenisch aufgeführt. Ein Beleuchter taucht es dafür effektvoll ins Licht.
„Unser Regisseur Klaus Müller meinte, das Stück könnte gespielt heute läppisch wirken“, erklärt Pfarrer Helmut Haug. Auf ihn war Prof. Wolf schon im Herbst 2015 zugekommen „und jetzt passt es gut zu unserer Bibelausstellung“. Wolf kann das Osterspiel sprachlich ins ausgehende 16. Jahrhundert datieren. Es wurde vermutlich im Dom aufgeführt und hatte eine katechetische Funktion, um den katholischen Glauben in der mehrheitlich protestantischen Stadt wieder zu festigen. Denn überliefert wurde es in einer Handschrift, die ursprünglich Macharius von Herbstheim gehörte, dessen Sohn Domherr in Augsburg war. Sie ist die einzige Quelle.
Überwiegend wird deutsch gesprochen, einiges auch lateinisch, denn die Szenen sind aus der Liturgie entwickelt: die drei Frauen am Grab, Magdalena im Garten, die zum Grab eilenden Apostel Petrus und Johannes, der Auferstandene und der ungläubige Thomas. Ein Engel hält die Vorrede und lädt am Schluss die Zuschauer ein, das uralte Osterlied „Christ ist erstanden“zu singen. Den originalen Wortlaut verstehe man noch ganz gut, versichert Prof. Wolf. O
am Sonntag, 23. April, um 20 Uhr in St. Moritz. Der Eintritt beträgt 15 Euro, ermäßigt 10 Euro.
Aufführung