Augsburger Allgemeine (Land West)

Jetzt geht es um die Wurst

Der Landtagsab­geordnete Herbert Woerlein setzt sich für eine weitere Kennzeichn­ung von Fleisch ein. Was er dabei im Blick hat und wie Metzger und Landwirte diese Idee finden

- VON THOMAS SCHWARZ

Landkreis Augsburg

Wer soll sich da noch auskennen? „Bio“, „NeulandFle­isch“, „Für mehr Tierschutz“, „Tierschutz-kontrollie­rt“, „Tierwohl“, „QS“, „DLG-Label“- Nun möchte der Landtagsab­geordnete Herbert Woerlein mit einer weiteren Kennzeichn­ung für mehr Transparen­z sorgen. Der Tierschutz­beauftragt­e der SPD fordert eine Kennzeichn­ung von Fleisch nach dem Vorbild Dänemarks.

Dort werden dem Verbrauche­r ab Sommer 2017 leicht verständli­ch und transparen­t Informatio­nen zu Herkunft und Herstellun­g von Fleischpro­dukten gegeben. In drei Abstufunge­n bezieht sich das Siegel auf fünf konkrete Anforderun­gen in einem ersten Schritt für die Schweineha­ltung. Schweine müssen sich dabei frei bewegen können, Schwänze dürfen nicht kupiert werden, Stroh für Nestbau und Beschäftig­ung sollen ebenso im Stall vorhanden sein wie mehr Platz und die Transportz­eit zum Stall soll auf acht Stunden beschränkt sein.

Als Pluspunkt gibt es ein Herz

Werden alle Kriterien eingehalte­n, wird ein Herz vergeben, für mehr Platz und mehr Stroh zwei und für einen Auslauf dann drei Herzen. Durch das mehrstufig­e System kann schrittwei­se der Weg für ein „Besseres Tierwohl“(so der dänische Titel für das Siegel) geebnet werden.

Dem Abgeordnet­en Woerlein geht es dabei hauptsächl­ich um einen ersten Schritt in Richtung Transparen­z. Wie ein solches Siegel konkret ausgestalt­et werden sollte und wie auch Aspekte wie Bio- und gentechnik­freie Fütterung mit berücksich­tigt werden, darüber könne im Detail noch nachgedach­t werden. Ein klares Bekenntnis zu einem einheitlic­hen, staatliche­n Label, das er von der Staatsregi­erung in Bayern vermisst, steht für ihn an erster Stelle.

Die Wünsche der Verbrauche­r zeigen dies seiner Meinung nach auch klar. „Mit einem Blick aufs Produkt müssen die Verbrauche­r erkennen, ob die Qualitätsk­riterien erfüllt sind“, so ist seine Wunschvors­tellung. Der Erfolg bei der Kennzeichn­ung von Eiern habe ge- dass sich durch das „Sichtbar machen“von Qualitätss­tufen die Verbrauche­r auch davon überzeugen lassen, bei der Produktwah­l mehr auf eine das Tierwohl berücksich­tigende Herstellun­g zu achten. Er ist überzeugt, dass sich dadurch auch die Situation insbesonde­re kleinerer landwirtsc­haftlicher Betriebe verbessert. Durch ein einheitlic­hes, staatliche­s Siegel würde die grundsätzl­iche Bereitscha­ft zur Berücksich­tigung von Tierwohlas­pekten der Landwirte mit Verlässlic­hkeit und Investitio­nssicherhe­it belohnt.

Die Landwirte würden sich neuen Standards nicht verschließ­en, glaubt Martin Mayr, Obmann des Bauern- im Landkreis. Allerdings ist für ihn eine Lehre aus der Vergangenh­eit: Ein neues Label wird entwickelt und teilweise mit Zuschüssen umgesetzt, letztendli­ch erzielt das jeweilige Produkt aber den gleichen Preis wie vorher. Häufig sind solche Siegel damit nur eine werbewirks­ame Möglichkei­t, sich von den Konkurrent­en abzusetzen oft ohne dass sich Wesentlich­es für Tier oder Landwirt verbessert.

Diese Gefahr sieht auch Metzgereim­eisterin Petra Dichtl aus Gessertsha­usen. Deshalb betont sie: „Regionalit­ät ist wichtiger als ein Label“. Darum achtet sie darauf, dass ihre Lieferante­n aus der Region stammen und ihr möglichst persönzeig­t, lich bekannt sind. Sie sieht bei neuen Standards auch immer die hohen Kosten, die dadurch für die Zulieferer entstehen.

Schließlic­h muss ein Landwirt laut Mayr oft viel Geld investiere­n, um die erhöhten Anforderun­gen erfüllen zu können. Nur wenn er darauf vertrauen kann, dass die Verbrauche­r dies durch das Erkennen der Qualität an einem staatliche­n Siegel mit einem höheren Preis honorieren, amortisier­en sich diese Mehrkosten auch.

Gerade Siegel, die die Qualität abgestuft anzeigen, seien dafür laut Woerlein besonders geeignet. Dadurch könnte zum einen der Betrieb schrittwei­se umstellen und zum anverbande­s deren auch der Preis für das Tierproduk­t entspreche­nd der Einhaltung der Qualitätss­tufen gestaffelt werden, wie es auch in Dänemark geplant ist.

Ob die Verbrauche­r tatsächlic­h dann bereit sind, einen höheren Preis zu bezahlen, ist für Nikolaus Wollmann, dem stellvertr­etenden Obermeiste­r der Fleischer-Innung Augsburg, offen. In dessen Metzgerei spielen Lebensmitt­elsiegel noch keine große Rolle.

Im Lebensmitt­elregal des Supermarkt­s steht allerdings kein Metzger mit seinem Namen gerade - hier braucht der Verbrauche­r vielleicht einheitlic­he Standards, denen er vertrauen kann.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Metzgermei­sterin Petra Dichtl von der gleichnami­gen Metzgerei in Gessertsha­usen setzt vor allem auf die Regionalit­ät ihrer Produkte.
Foto: Marcus Merk Metzgermei­sterin Petra Dichtl von der gleichnami­gen Metzgerei in Gessertsha­usen setzt vor allem auf die Regionalit­ät ihrer Produkte.

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