Augsburger Allgemeine (Land West)
Jetzt geht es um die Wurst
Der Landtagsabgeordnete Herbert Woerlein setzt sich für eine weitere Kennzeichnung von Fleisch ein. Was er dabei im Blick hat und wie Metzger und Landwirte diese Idee finden
Landkreis Augsburg
Wer soll sich da noch auskennen? „Bio“, „NeulandFleisch“, „Für mehr Tierschutz“, „Tierschutz-kontrolliert“, „Tierwohl“, „QS“, „DLG-Label“- Nun möchte der Landtagsabgeordnete Herbert Woerlein mit einer weiteren Kennzeichnung für mehr Transparenz sorgen. Der Tierschutzbeauftragte der SPD fordert eine Kennzeichnung von Fleisch nach dem Vorbild Dänemarks.
Dort werden dem Verbraucher ab Sommer 2017 leicht verständlich und transparent Informationen zu Herkunft und Herstellung von Fleischprodukten gegeben. In drei Abstufungen bezieht sich das Siegel auf fünf konkrete Anforderungen in einem ersten Schritt für die Schweinehaltung. Schweine müssen sich dabei frei bewegen können, Schwänze dürfen nicht kupiert werden, Stroh für Nestbau und Beschäftigung sollen ebenso im Stall vorhanden sein wie mehr Platz und die Transportzeit zum Stall soll auf acht Stunden beschränkt sein.
Als Pluspunkt gibt es ein Herz
Werden alle Kriterien eingehalten, wird ein Herz vergeben, für mehr Platz und mehr Stroh zwei und für einen Auslauf dann drei Herzen. Durch das mehrstufige System kann schrittweise der Weg für ein „Besseres Tierwohl“(so der dänische Titel für das Siegel) geebnet werden.
Dem Abgeordneten Woerlein geht es dabei hauptsächlich um einen ersten Schritt in Richtung Transparenz. Wie ein solches Siegel konkret ausgestaltet werden sollte und wie auch Aspekte wie Bio- und gentechnikfreie Fütterung mit berücksichtigt werden, darüber könne im Detail noch nachgedacht werden. Ein klares Bekenntnis zu einem einheitlichen, staatlichen Label, das er von der Staatsregierung in Bayern vermisst, steht für ihn an erster Stelle.
Die Wünsche der Verbraucher zeigen dies seiner Meinung nach auch klar. „Mit einem Blick aufs Produkt müssen die Verbraucher erkennen, ob die Qualitätskriterien erfüllt sind“, so ist seine Wunschvorstellung. Der Erfolg bei der Kennzeichnung von Eiern habe ge- dass sich durch das „Sichtbar machen“von Qualitätsstufen die Verbraucher auch davon überzeugen lassen, bei der Produktwahl mehr auf eine das Tierwohl berücksichtigende Herstellung zu achten. Er ist überzeugt, dass sich dadurch auch die Situation insbesondere kleinerer landwirtschaftlicher Betriebe verbessert. Durch ein einheitliches, staatliches Siegel würde die grundsätzliche Bereitschaft zur Berücksichtigung von Tierwohlaspekten der Landwirte mit Verlässlichkeit und Investitionssicherheit belohnt.
Die Landwirte würden sich neuen Standards nicht verschließen, glaubt Martin Mayr, Obmann des Bauern- im Landkreis. Allerdings ist für ihn eine Lehre aus der Vergangenheit: Ein neues Label wird entwickelt und teilweise mit Zuschüssen umgesetzt, letztendlich erzielt das jeweilige Produkt aber den gleichen Preis wie vorher. Häufig sind solche Siegel damit nur eine werbewirksame Möglichkeit, sich von den Konkurrenten abzusetzen oft ohne dass sich Wesentliches für Tier oder Landwirt verbessert.
Diese Gefahr sieht auch Metzgereimeisterin Petra Dichtl aus Gessertshausen. Deshalb betont sie: „Regionalität ist wichtiger als ein Label“. Darum achtet sie darauf, dass ihre Lieferanten aus der Region stammen und ihr möglichst persönzeigt, lich bekannt sind. Sie sieht bei neuen Standards auch immer die hohen Kosten, die dadurch für die Zulieferer entstehen.
Schließlich muss ein Landwirt laut Mayr oft viel Geld investieren, um die erhöhten Anforderungen erfüllen zu können. Nur wenn er darauf vertrauen kann, dass die Verbraucher dies durch das Erkennen der Qualität an einem staatlichen Siegel mit einem höheren Preis honorieren, amortisieren sich diese Mehrkosten auch.
Gerade Siegel, die die Qualität abgestuft anzeigen, seien dafür laut Woerlein besonders geeignet. Dadurch könnte zum einen der Betrieb schrittweise umstellen und zum anverbandes deren auch der Preis für das Tierprodukt entsprechend der Einhaltung der Qualitätsstufen gestaffelt werden, wie es auch in Dänemark geplant ist.
Ob die Verbraucher tatsächlich dann bereit sind, einen höheren Preis zu bezahlen, ist für Nikolaus Wollmann, dem stellvertretenden Obermeister der Fleischer-Innung Augsburg, offen. In dessen Metzgerei spielen Lebensmittelsiegel noch keine große Rolle.
Im Lebensmittelregal des Supermarkts steht allerdings kein Metzger mit seinem Namen gerade - hier braucht der Verbraucher vielleicht einheitliche Standards, denen er vertrauen kann.