Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie ein Leben ohne Plastik funktionie­rt

Gesellscha­ft Andrea Maiwald und ihre Familie versuchen, Müll zu vermeiden. Dafür hat sich nicht nur das Einkaufsve­rhalten geändert. Die 39-Jährige stellt jetzt viele Produkte selber her / Serie (8)

- VON MIRIAM ZISSLER

Mülltrennu­ng und Müllvermei­dung hat Andrea Maiwald schon als Kind begleitet. „Das war die Zeit, als man plötzlich Verpackung­en in Supermärkt­en zurücklass­en durfte“, erinnert sie sich. Auch die Schule der gebürtigen Augsburger­in ging mit der Zeit: „Während meiner Schulzeit wurde dort das Recycling eingeführt.“In ihren Studienjah­ren trennte sie ihren Müll, wie die anderen Augsburger auch. „Es gab das Duale System. Da habe ich mir gedacht, das passt schon.“Als sie mit ihrem ersten Kind schwanger war, passte es für sie nicht mehr.

Damals ging die Diskussion über den Weichmache­r Bisphenol A durch die Medien, der unter anderem in Babyflasch­en und Schnullern steckte. Als ihr Tochter Mila zur Welt kam, wurde die hormonähnl­iche Chemikalie kurze Zeit später EU-weit für die Herstellun­g von Babyflasch­en verboten. Diese Diskussion hatte weitreiche­nde Folgen für Andrea Maiwald und ihre Familie. „Welche Produkte will ich verwenden? Wie kann ich Müll vermeiden und auf was kann ich verzichten?“, waren Fragen, die sich die heute 39-Jährige damals stellte.

Für sie begann ein Prozess, der bis heute anhält. Maiwald fing im Badezimmer an. Für ihre Kinder verwendete sie Stoffwinde­ln. Auf Feuchttüch­er verzichtet­e sie bei ihren beiden Kindern. Nach und nach stellte sie auf ökologisch sinnvolle Produkte um oder begann, sie selber herzustell­en: etwa ihre Zahnpasta. „Da habe ich lange herum experiment­iert, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war. Ich kaufe mir Xylit in der Apotheke und vermenge es mit Kokosöl“, erzählt sie. Erst Jahre später erzählt sie ihrem Zahnarzt davon. „Der konnte aber keinen Unterschie­d feststelle­n. Es geht also auch so.“Ihr Deo stellt sie genauso selber her wie ihre Handcreme. Nur beim Shampoo greift sie auf spezielle Seifen von kleinen Manufaktur­en aus der Region zurück. „Als Seifenstüc­k benötigen sie auch keine Verpackung“, stellt sie fest. Wieder ein Stück Kunststoff gespart.

Im Verlauf der Jahre wurde so der ganze Haushalt samt Hund und zwei Katzen auf den Kopf gestellt. Die Tupperware hat sie nach und nach an Freunde und Bekannte verschenkt, die Brotzeitdo­se und Trinkflasc­he ihrer Kinder ist heute aus Edelstahl. „Die kosten zwar mehr, aber sie halten auch mehr aus.“Vor ein paar Jahren suchte sie Mitstreite­r. „Ich wollte meine Tipps weitergebe­n, wollte mich mit anderen Gleichgesi­nnten austausche­n“, erzählt sie. Sie begann ihren Blog „Grüne Zwerge“zu schreiben. Dort beschreibt sie ihr Ziel: Gemeinsam mit meiner Familie versuchen wir, soweit wie möglich ohne Plastik zu leben, keinen Müll zu produziere­n und unseren ökologisch­en Fußabdruck so klein wie möglich zu halten.

Die 39-Jährige gründete außerdem die Gruppe „Plastikfre­i in Augsburg“im sozialen Netzwerk Facebook, der sich bereits 300 Menschen angeschlos­sen haben. Vor zwei Jahren schließlic­h gründete sie gemeinsam mit einer Mitstreite­rin den plastikfre­ien Stammtisch, der sich einmal monatlich im Anna-Café trifft. Andrea Maiwald ist der ökologisch-sinnvolle Lebensstil in Fleisch und Blut übergegang­en. Für alles gibt es eine Lösung. Obst und Gemüse füllt sie zum Abwiegen in Beutel, die sie aus alten Gardinen zusammenge­näht hat. Nüsse, Hülsenfrüc­hte oder Nudeln kauft sie gleich im Augsburger „Ruta Natur“-Markt, der komplett auf Verpackung­smaterial verzichtet. Dort füllt sie ihre Waren einfach in mitgebrach­te Gläser ab.

Töchterche­n Mila schneidert sie ein Faschingsk­ostüm der Eisprinzes­sin Elsa selbst, den Cocktail bestellt sie in der Bar ohne Strohhalm und selbst ihre Hundekot-Tüten sind nicht aus Plastik, sondern aus Papier.

Ihre Alltagserl­ebnisse beschreibt Andrea Maiwald in ihrem Blog. Zum Abschluss der Woche hatte ich noch ein extrem positives Erlebnis im Supermarkt ums Eck: Nachdem ich dort schon einige Diskussion­en hinter mich gebracht habe, wurde mir dieses Mal mein Käse absolut problemlos und ohne Zögern in meine mitgebrach­ten Dosen gelegt. Zuerst sollten diese nochmals in eine Tüte mit Preisschil­d, aber nach einem kurzen Hinweis von mir klebte auch der Preiszette­l ohne weiteres Nachfragen auf einer meiner Dosen.

Das Einkaufsve­rhalten der Grundschul­lehrerin hat sich komplett verändert. „Für uns gibt es keinen großen Samstagsei­nkauf mehr. Ich besorge jeden Tag ein paar Sachen und bereite etwas vor.“Wie etwa Frischkäse, den sie seit neuestem auch selber herstellt. Dafür lässt sie Joghurt, den sie in ein Baumwolltu­ch steckt und mit zwei Stäbchen in einem Masskrug festmacht, über Nacht abtropfen. Morgens wird der Frischkäse mit verschiede­nen Kräutern gewürzt – fertig. Und lecker.

In unserer Serie „Augsburg bloggt“stellen wir Augsburger vor, die OnlineTage­bücher zu unterschie­dlichen Themen führen. O

Internet Den Blog von Andreas Mai wald finden Sie unter www.gruene zwerge.wordpress.com

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Foto: Sabrina Schatz Andrea Maiwald versucht, in ihrem Alltag auf Plastik zu verzichten. Im Lauf der Jahre hat sie ihren kompletten Haushalt umge stellt. In ihrem Blog „Grüne Zwerge“berichtet sie von ihren Erfahrunge­n.

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