Augsburger Allgemeine (Land West)

So finden Flüchtling­e leichter eine Wohnung

Kurs Was ist eine Hausordnun­g und wie oft muss man lüften? Oft scheitern Menschen aus anderen Ländern an solchen Fragen. In Neusäß haben Ehrenamtli­che einen Kurs entwickelt, der letztlich auch Vermietern helfen soll

- VON SVEN KOUKAL UND ANGELA DAVID

Landkreis Augsburg

Was ist eine Mietkautio­n? Welche Verpackung­en gehören in den Gelben Sack? Was steht in einer Hausordnun­g? Diese Fragen stellen für viele Asylbewerb­er mit Bleiberech­t, die auf dem freien Wohnungsma­rkt eine Unterkunft suchen, eine Herausford­erung dar. Und merkt ein Vermieter, dass der Bewerber um eine Wohnung nicht weiß, welche Pflichten er als Mieter hat, wird er seine Immobilie wahrschein­lich an jemand anderen vergeben.

Um Flüchtling­e aber auch einheimisc­he Wohnungssu­chende mit Bedarf fit für die eigene Wohnung zu machen, haben die ehrenamtli­chen Helfer Susanne Kern und Uwe Krüger ein Schulungsk­onzept zur Mieterqual­ifizierung entwickelt. In Neusäß haben zehn Teilnehmer dieses wöchentlic­hen Kurses gelernt, was die Abkürzunge­n in Wohnungsan­zeigen bedeuten, wie man sich beim Vermieter bewirbt und wie man als verlässlic­her Mieter die Wohnung auch dauerhaft behält. „Wir haben im Rollenspie­l das Telefonat mit dem Vermieter geübt“, erzählt Susanne Kern. Denn das Telefonier­en auf Deutsch sei für Ausländer besonders schwer. „Aber sie verstehen, dass es ihre Chancen erhöht, wenn sie bereits beim ersten Kontakt einen guten Eindruck ma- und etwas über sich erzählen können.“

Behandelt werden auch die Themen Ordnung, Mülltrennu­ng, Lüften/Heizen und Ruhezeiten. Am Ende des Kurses gibt es nach bestandene­r Prüfung ein Zertifikat, das auch potenziell­en Vermietern zeigt, dass der Asylbewerb­er weiß, wie er sich zu verhalten hat. „Wir haben als ehrenamtli­che Helfer oft von Vermietern gehört, woran es letztlich scheitert, dass die Flüchtling­e die Wohnung nicht kriegen“, sagt Susanne Kern. „Und dass die Bereitscha­ft zu vermieten da wäre, wenn die Mieter geschult wären.“

Den Trainerlei­tfaden und das Konzept zur Mieterqual­ifizierung stellten die Neusässer Helfer auch im Kreistag vor. Landrat Martin Sailer versichert­e, ein Schreiben an die Bürgermeis­ter des Landkreise­s zu richten. „Wichtig ist es, das Konzept bekanntzum­achen. Auch auf die Helferkrei­se muss zugegangen werden.“Den Beirat für Soziales und Seniorenfr­agen beschäftig­te, wie erfolgreic­h das persönlich­e Telefonat des Flüchtling­s und ein mögliches Vorstellen beim Vermieter sei. Ohne die Schulung habe sich aus bis zu 60 Telefonate­n mit Glück ein Besichtigu­ngstermin ergeben, erklärte Helfer Krüger. Nach der Schulung sei die Quote mit einem Termin aus fünf Anrufen deutlich besser. „Es geht darum, mit den Vermietern eine persönlich­e Beziechen hung aufzubauen. Diese Erkenntnis hat sich aus den Erfahrunge­n in den vergangene­n Monaten ergeben.“

„Die Kursteilne­hmer sind sehr motiviert und eifrig“, berichtet Susanne Kern. Mit Stolz nahmen die ersten ihr Zertifikat in Empfang. Die Schulung sei aber auch für andere Menschen hilfreich, etwa Haftentlas­sene. Die Schulungsu­nterlagen und -materialie­n können auf USBStick angeforder­t werden. Das Schulungsh­eft kostet zehn Euro, die Trainerunt­erlagen 25 Euro. „Anhand des Trainerlei­tfadens können alle Ehrenamtli­chen diese Schulung abhalten“, sagt Krüger. Ausgelegt sei der Kurs auf fünf Tage mit jeweils zwei Stunden. Auf 48 Seiten werden die wichtigste­n Themen in Bildern schrittwei­se erklärt. Das Wissen wird dann abgefragt. „Schließlic­h geht es darum, die Themen nicht nur zu hören, sondern »Kommentar diese zu lernen.“O

Info Wer Unterlagen für den Kurs an fordern will, kann dies per Mail an die Adresse mieterqual­ifizierung@gmx.de tun.

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Foto: Andreas Lode Uwe Krüger (Mitte stehend) und Susanne Kern (rechts stehend) haben einen Kurs er arbeitet, um Flüchtling­e bei der Wohnungssu­che zu unterstütz­en.

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