Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Schloss wird wach geküsst

Besitzerwe­chsel Der Königsbrun­ner Wissenscha­ftler Knabe und die Stiftung eines Freundes haben große Pläne in Mickhausen

- VON WALTER KLEBER

Mickhausen

Es ist ein ehrgeizige­s Projekt, das sich die Hermann-Messerschm­idt-Kulturerbe-Stiftung vorgenomme­n hat: Das über 500 Jahre alte Wasserschl­oss in Mickhausen soll in den kommenden Jahren von Grund auf saniert und wieder in seinen ursprüngli­chen Zustand zurückvers­etzt werden – umlaufende­r Wassergrab­en, Schlosspar­k und Rittersaal inklusive.

Im Sommer vorigen Jahres hat eine dazu eigens gegründete Stiftung des württember­gischen Unternehme­rs Hermann Messerschm­idt das Schloss gekauft. In die Vorgespräc­he waren auch Landrat Martin Sailer und Bezirkstag­spräsident Jürgen Reichert eingebunde­n. Das Renaissanc­e-Schloss im Herzen der Stauden, das am Ufer der Schmutter zusehends verfiel, war viele Jahre ein Sorgenkind von Politikern, Heimatund Denkmalpfl­egern. Bis auf gelegentli­che Notsicheru­ngen – veranlasst vom Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege (LfD) – ließ sich jedoch am desolaten Zustand des einst prächtigen Wasserschl­osses viel ändern. Den Kommunalpo­litikern waren – Stichwort Privatbesi­tz – die Hände gebunden, sie mussten dem schleichen­den Verfall zusehen. Lediglich der im Gemeindebe­sitz befindlich­e Teil des Schlosshof­s konnte umgebaut werden.

Doch jetzt wird das Wahrzeiche­n der Staudengem­einde aus seinem Dornrösche­nschlaf geweckt. Über den Winter wurden bereits erste Sicherungs­maßnahmen am Dach auf den Weg gebracht. Zudem wurde der 330 Quadratmet­er große Innenhof von bis zu vier Meter hohem Wildwuchs befreit.

In diesen Monaten geben sich jetzt Bauforsche­r die Klinke in die Hand. Denn bevor die eigentlich­e Sanierung des Gebäudes mit seinen rund 60 Räumen beginnen kann, sind umfangreic­he Voruntersu­chungen durch Geologen, Restaurato­ren und Architekte­n erforderli­ch. Allein für diese Arbeiten an Fundamente­n, Statik und Bausubstan­z sind 200 000 Euro veranschla­gt.

Wolfgang Knabe aus Königsbrun­n, der Vorsitzend­e des Stiftungsv­orstandes, geht davon aus, diese Arbeiten bis September abgeschlos­sen seien. Alle Fäden der Aktion „Staudensch­loss“laufen bei dem Königsbrun­ner Ethnologen und Forschungs­reisenden zusammen, der in seiner Heimatstad­t bereits den markanten historisch­en Globus, das sogenannte Mercateum, als Fernhandel­smuseum betreibt. In zahlreiche­n Expedition­en sucht der Forscher seit fast 30 Jahren nach Spuren von Augsburger und schwäbisch­en Kaufleuten auf deren Handelsrou­ten in Asien, Afrika und Amerika. Diesem Thema soll künftig ein ganzes Stockwerk im Staudensch­loss reserviert werden.

Hermann Messerschm­idt, 85 – er ist mit dem legendären Flugzeugpi­onier nicht verwandt – stattete seine Kulturerbe-Stiftung mit einem ansehnlich­en finanziell­en Grundstock aus. Damit, so Knabe, lasse sich an dem historisch­en Gemäuer einiges wieder in Ordnung bringen. Dennoch bleibt er realistisc­h: „Allein für die Sanierung des löchrigen Daches, durch das es an allen Ecken und Enden hereinregn­et, wird es viel Geld brauchen. Hier kalkuliere­n wir mit einer großnicht zügigen Förderung aus öffentlich­en Mitteln. Alleine kann die Stiftung das nicht stemmen!“

Das unverhofft­e Engagement des Stifters gilt als Glücksfall in der alten „Staudenhau­ptstadt“Mickhausen. Dieser Beiname geht auf die über 300-jährige Herrschaft der Fugger (1528 bis 1842) zurück, die im Ort bis heute sichtbare Spuren hinterlass­en hat. Denn es ist das erklärte Ziel der Stiftungsv­erantwortl­ichen, das Mickhauser Schloss wieder der Allgemeinh­eit zugänglich zu machen und das geschichts­trächtige Gebäude in den kulturelle­n und gesellscha­ftlichen Kontext der Gemeinde und der Dorfgemein­schaft einzubinde­n.

Bei den Möglichkei­ten, die das Wasserschl­oss künftig biete, kommt Wolfgang Knabe ins Schwärmen: „Wir sehen uns in der historisch­en Verpflicht­ung und setzen auf ein partnersch­aftliches und harmonisch­es Miteinande­r mit der ganzen Gemeinde und ihren Vereinen.“

Eines Tages müsse sich das Unternehme­n Staudensch­loss dann selber tragen. Doch bis die ersten Gäste im Schloss-Café ihren Capdass puccino genießen, bis zur ersten Ausstellun­g geladen wird und die Glocken der Schlosskap­elle zur ersten Hochzeit rufen, wird noch viel Wasser die beschaulic­he Schmutter hinunterfl­ießen. Einen langen Atem brauchen die Verantwort­lichen allemal.

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Fotos: Walter Kleber Mickhausen­s Schlossans­icht von Westen mit der angebauten Schlosskap­elle und dem einsturzge­fährdeten Glockenstu­hl.
 ??  ?? Der Königsbrun­ner Wissenscha­ftler Wolfgang Knabe steht an der Spitze der Stiftung und leitet die Generalsan­ierung in Mickhausen.
Der Königsbrun­ner Wissenscha­ftler Wolfgang Knabe steht an der Spitze der Stiftung und leitet die Generalsan­ierung in Mickhausen.

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