Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit Nadel und Faden

Porträt Seit 30 Jahren näht und flickt Edeltraut Walter für die Stadtberge­r Feuerwehr. Wie sie zur Retterin wurde und was sie antreibt, immer wieder Hand anzulegen

- VON TOBIAS KARRER

Sie ist die Rettung für die Feuerwehr: Mit Nadel und Faden versorgt Edeltraut Walter Löcher und Risse in der Dienstklei­dung der Stadtberge­r.

Stadtberge­n Konzentrie­rt sitzt Edeltraud Walter an ihrer tragbaren Nähmaschin­e. Sie arbeitet gerade an einer Arbeitshos­e. Ein kleiner Riss. Ein kleiner Unfall. Edeltraud Walter ist die Rettung. Seit über 30 Jahren ist sie zur Stelle, wenn es um die Bekleidung der Feuerwehr geht. Alle anfallende­n Näharbeite­n übernimmt die 54-Jährige. Und das mit Freude. Das hat einen besonderen Grund.

Für Edeltraud Walter ist die Feuerwehr ein Stückchen Heimat. „Obwohl ich nie aktives Mitglied der Feuerwehr war, ist sie ein großer Bestandtei­l in meinem Leben“, sagt sie. Nicht nur ihr Mann, sondern auch ihre Söhne sind aktiv bei den Stadtberge­r Freiwillig­en. Edeltraud Walter ist froh, Teil dieser „Familie“zu sein. Die Gemeinscha­ft gebe ihr das Gefühl, „dass da immer jemand ist, auf den man sich verlassen kann“, sagt Walter. Sie erklärt: Gerade in Zeiten, in denen man unsicher ist, fühle man sich in einem Verein zu Hause und sicher. Das Vereinsleb­en funktionie­rt allerdings nur übers Ehrenamt, „anders geht es nicht“, sagt die 54-Jährige.

Ihr Beitrag unterschei­det sich deutlich von der Arbeit mit Löschkanon­e und Rettungssc­here. Edeltraut Walter leistet mit Nadel und Faden Erste Hilfe. „Ich arbeite schon immer gerne und viel mit den Händen“, sagt sie, während sie eine weitere Naht an der Hose fertigstel­lt. Aber: „Um sich für ein Ehrenamt zu engagieren, braucht man schon eine Art Idealismus“, sagt Walter. Den nötigen Einsatz aufzubring­en, fällt ihr nicht schwer. Denn: „Ich komme gerne hierher, um zu nähen“, sagt sie und schaut sich im Raum um.

Mit neuen Hemden begann das ungewöhnli­che Ehrenamt

Wappen, Pokale und andere Überbleibs­el aus früheren Zeiten hängen an den Wänden. Edeltraut Walter erinnert sich, wie alles einmal begann: „Als es neue Hemden für alle gab, haben ich und einige andere die Aufgabe übernommen, die Dienstgrad­e, Jahresabze­ichen und Wappen umzunähen“, erklärt sie. „Zu Anfang waren wir noch nicht so geschickt“, weiß Walter, „aber mit der Zeit hat es immer besser geklappt.“So hatte Walter ihre Aufgabe und ein Zuhause in der freiwilli- Feuerwehr gefunden. Mittlerwei­le übernimmt sie alle Näharbeite­n, die in der Wehr anfallen. Vor allem nach Jahreshaup­tversammlu­ngen, „wenn alle ihre neuen Abzeichen bekommen“, habe sie besonders viel zu tun, sagt Walter. Ansonsten flickt sie vor allem Risse in der Arbeitskle­idung. Wichtig ist, dass die Funktional­ität der Kleidung erhalten bleibt. Gibt es auch die eine oder andere Problemzon­e? „Wie bei normaler Kleidung auch“, sagt Edeltraut Walter und lacht. Im Schritt und an den Taschen würden die Hosen am schnellste­n reißen. Hin und wieder müssten allerdings auch Kleidungss­tücke ausgetausc­ht werden. Schließlic­h „kommt es auch vor, dass die Herren etwas zulegen“, sagt Walter. Während sie erzählt, hat sie mehrere kleine Risse in der Arbeitshos­e ihres Sohnes geflickt. „Für den Rest muss ich wiederkomg­en men, da brauch’ ich ein paar Flicken“, meint Walter.

Sie will so lange wie möglich weitermach­en und die freiwillig­e Feuerwehr unterstütz­en, wo sie nur kann. Wenn man sie „Gute Seele“der Feuerwehr nennt, fühlt sie sich „schon ein bisschen gebauchpin­selt“, gibt sie zu. Dann lacht sie und sagt: „So lange sie mich nicht Hausdrache nennen, ist sowieso alles gut.“

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Foto: Tobias Karrer Edeltraut Walter näht und flickt die Kleidung der Stadtberge­r Feuerwehr. Es gibt auch Problemste­llen.

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