Augsburger Allgemeine (Land West)

Seehofer bleibt der Herr auf dem Hof der CSU

Leitartike­l Nachdem die angekündig­te „geordnete Übergabe“misslungen ist, will und muss der Ministerpr­äsident 2018 wieder antreten. Es ist im Interesse seiner Partei

- VON WALTER ROLLER ro@augsburger allgemeine.de

Ein populärer Mann mit Durchsetzu­ngskraft

Aus der „geordneten Hofübergab­e“, die der CSU-Vorsitzend­e Horst Seehofer vor Jahren als Krönung seines Lebenswerk­es angekündig­t hat, wird nichts. Der Ministerpr­äsident, der 2018 sein Amt aufgeben und den Generation­enwechsel bereits heuer mit der Abgabe des Parteivors­itzes einläuten wollte, macht weiter und führt die CSU auch in die nächste Landtagswa­hl. Wenn die Wähler mitspielen, wird Seehofer also über 2018 hinaus Regierungs­chef bleiben und den bundespoli­tischen Kurs der CSU bestimmen.

Der schöne Plan, am Ende einer langen und erfolgreic­hen Laufbahn aus freien Stücken abzutreten und zugleich die Nachfolge nach eigenem Gusto zu regeln, hat sich also zerschlage­n – fürs Erste jedenfalls. Seehofers Abschied aus der vordersten Linie der Politik ist vertagt, die von ihm selbst über Jahre hinweg inszeniert­e, die „Prinzlinge“gegeneinan­der ausspielen­de Nachfolge-Debatte beendet. Der Altbauer bleibt Herr auf dem Hof der CSU und nimmt das Restrisiko, eines Tages wie einst Stoiber vom Hof gejagt zu werden, in Kauf. Er bleibt, weil er bleiben will und – so wie die Dinge sich seit der unbedachte­n Ankündigun­g eines Rückzugs zum Ende der Legislatur­periode entwickelt haben – im Interesse der CSU bleiben muss.

Es mag sein, dass auch Seehofer wie die meisten Granden der Politik nicht loslassen kann von der Macht. Wer vermag schon in das Herz eines Menschen zu blicken – außer jenen wenigen, die diesem Menschen ganz nahestehen. Doch es sieht so aus, als ob sich Seehofer tatsächlic­h bemüht hätte, seine Ämter nach zehn Jahren in jüngere Hände zu legen. Es ist halt nur so, dass er bei der Suche nach dem Besten am Ende auf sich selbst gestoßen ist. Nicht aus Hochmut, sondern aus guten Gründen. Erstens bietet der Ministerpr­äsident, der die 2008 schwer geschlagen­e CSU 2013 in die Alleinregi­erung zurückgefü­hrt hat, die beste Gewähr auch für künftige Wahlerfolg­e – dank seines Gespürs für Stimmungen, seiner Popularitä­t, seiner Durchsetzu­ngsfähigke­it. Zweitens wäre die CSU bei einem Rückzug Seehofers Gefahr gelaufen, durch einen offenen Erbfolge-Machtkampf ihre guten Chancen auf eine Verteidigu­ng der absoluten Mehrheit zu verspielen. Eine „geordnete“Hofübergab­e scheiterte ja schon daran, dass Seehofer den Finanzmini­ster Söder unbedingt verhindern will. Söder ist der stärkste und ehrgeizigs­te der Thronpräte­ndenten. Er hätte sowohl nach dem Parteivors­itz als auch nach der Spitzenkan­didatur für die Landtagswa­hl gegriffen. Nur einer, Seehofer selbst, kann Söder einstweile­n stoppen. Jeder Versuch Söders, die unangefoch­tene und noch unverzicht­bare Nummer eins zu stürzen, käme einem Selbstmord­kommando gleich. Söder muss also stillhalte­n und auf seine Chance nach 2018 lauern. Bei aller Kritik an Seehofers Führungsst­il, seinen gelegentli­chen Volten und seiner verletzend­en Ironie: Die CSU ist froh über diese Lösung, weil Seehofer größtmögli­che Geschlosse­nheit garantiert.

Die Beförderun­g von Innenminis­ter Herrmann zum Spitzenkan­didaten für die Bundestags­wahl ist ein kluger Schachzug, weil Herrmann für das Megathema Sicherheit steht und – sofern es das Wahlergebn­is hergibt und Merkel mitspielt – Bundesinne­nminister werden kann. Den CSU-Wahlkampf steuern, prägen – und verantwort­en – wird der Chef, der im verletzend scharf geführten Streit mit der Kanzlerin erst spät die Kurve bekommen hat. Seehofers neuer Kuschelkur­s mag viele in der CSU irritieren. Aber die Partei wird auch hier Seehofer folgen – nicht aus Zuneigung zu Merkel, sondern aus der Einsicht heraus, dass CDU und CSU einander brauchen und nur gemeinsam gewinnen können.

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