Augsburger Allgemeine (Land West)
Dieser Doktor liebt die Arbeit auf dem Land
Hausärztemangel? Hans-Peter Wald praktiziert in Langweid und erzählt, warum es dort auch nach seinem Ruhestand weitergeht
Langweid
Dieser Mann ist nicht zu bremsen. Wenn er von seinem Beruf erzählt, gerät er richtig in Fahrt. Dr. Hans-Peter Wald ist in Langweid, seit 40 Jahren mit nicht nachlassender Begeisterung, Vollzeitarzt, immer erreichbar, den Piepser im Auto. Für ihn ist das Modell Landarzt, für das heute fieberhaft Nachwuchsärzte gesucht und für Studenten Quoten eingeführt werden sollen, ein absoluter Erfolg.
Im April 1977 hat der gebürtige Oberneufnacher in Langweid eine neue Praxis eröffnet, ganz ohne Patienten. „Die Praxis ist gleich wahnsinnig gut angelaufen!“40 Jahre danach kann Hans-Peter Wald selbst mit 72 Jahren noch voller Energie sagen: „Ich bin extrem stolz, dass es so geworden ist. Die Praxis ist mein Baby, und daraus ist ein Riesen-Baby geworden.“Drei Vollzeitärzte, vier „Teilzeitärzte“, zu denen auch die beiden Seniorkollegen in Langweid und Stettenhofen gehören, sowie ein Team von rund 20 Mitarbeiterinnen von der Arzthelferin bis zur Reinigungsfrau, kümmern sich heute darum, dass der Betrieb läuft und das Medizinische Versorgungszentrum – wie auch die Ursprungspraxis immer noch in der Achsheimer Straße gelegen – Ansprechpartner für die Menschen der Umgebung ist.
Das Erfolgsmodell beruhe auch auf dem Senior-Junior-Modell, betont Dr. Sören Dülsner. Der heute 45-jährige „Junior“ist 2005 als künftiger Nachfolger in die Praxis eingestiegen und formte mit Wald daraus eine Gemeinschaftspraxis. Hinzu kamen später Thomas Stechele als weiterer Vollzeitarzt sowie einige „Teilzeit“-Kollegen.
Später wurde die Praxis in Stettenhofen angegliedert und deren Gründer mit ins Seniorenteam einbezogen. Hans-Peter Walds „Ruhestand“sieht so aus, dass er zwei Tage pro Woche in der Praxis arbeitet, bei Bedarf mehr: „Wir brauchen ihn dringend“, sagt Dr. Sören Dülsner: Er hat seinen Patientenstamm, seine Spezialgebiete wie jeder in der Praxis und ist der „Mann für alle Fälle“, wenn Hochbetrieb herrscht.
Dass er Arzt werden wollte, wurde dem jungen Hans-Peter bereits als 14-Jährigem in der Wasserwacht bewusst. Studium der Medizin und Sportmedizin hauptsächlich in Erlangen, Promotion 1973 mit „summa cum laude“, fachärztliche Ausbildungszeiten unter anderem in Ulm und am Augsburger Hauptkrankenhaus, 1977 Eröffnung der neuen Praxis in Langweid – und immer mit seiner Frau Annelies an seiner Seite, die ihn bis 2009 in Vollzeit als Arzthelferin unterstützte. Seine Popularität und Erfahrung schöpft Hans-Peter aber auch aus seinem lebenslangen Engagement beim Roten Kreuz, wo er als Notarzt jahrelang Einsätze auf der B2 fuhr, und bei der Wasserwacht. Beim FCA macht Wald immer noch Dienst und ist bei Heimspielen des FCA als einziger Stadionarzt zusammen mit 50 Sanitätern für bis zu 30000 Zuschauer zuständig.
Wo er selbst Sport getrieben hat, etwa beim TSV Gersthofen, war er auch Arzt – und umgekehrt. Als er Bodybuilder in Augsburg medizinisch und als Dopingbeauftragter betreute, trainierte er eben mit. Das sieht man ihm bis heute an. Immer noch ist Wald pro Jahr 300 Dienststunden beim Roten Kreuz im Einsatz, bei der Wasserwacht Langweid, bei der Bereitschaft Gersthofen, auch in lehrender Funktion.
In Langweid betreut er noch seine im Pflegeheim wohnende Mutter. Urlaubsreisen? Es zieht ihn nicht in die Ferne, ab und zu ins Pustertal, oder jetzt im „Ruhestand“standen einige Kreuzfahrten auf dem Programm. Dort wollten ihn die Reedereien gleich als Schiffsarzt gewinnen. Doch Wald ist lieber in Langweid: „Wir sind hier auf dem Lande, aber nicht hinterm Mond“Kommt dazu, dass Langweid längst ein in Teilen auch problematisches Publikum hat. Und Wald erinnert sich noch, wie er neben seinem Arztkoffer zu bestimmten Hausbesuchen in Hochhäusern eine Schusswaffe mitnahm, um brenzligen Situationen gewachsen zu sein. Die Waffe hat er inzwischen abgegeben.
Was ihn nach wie vor reizt an der Haus- und Landarzttätigkeit, ist der Bezug zu Familien und Generationen, die man im Lauf der Jahre betreut und kennt, das Gebrauchtwerden, die Rückmeldung der Patienten. „Man ist am Puls des Patienten, und bekommt viel Dankbarkeit zurück“, beschreibt er seine Arbeit, für die man „eine Top-Ausbildung“brauche, „weil Top-Leistung verlangt wird“. Er hat seine Berufswahl nicht bereut. „Ich mache das so lange, wie ich fit bin und gebraucht werde.“