Augsburger Allgemeine (Land West)
Das sagen Praktiker zum Vorschlag einer Landarztquote
Mit einer „Landarztquote“will die Bayerische Staatsregierung dem Hausärztemangel in unterversorgten ländlichen Gebieten entgegenwir ken. Bis zu fünf Prozent aller Medizin studienplätze in Bayern sollen Stu denten vorbehalten werden, die sich verpflichten, später in solchen Ge bieten zu arbeiten. Diese Studenten sol len künftig monatlich 500 Euro statt wie bisher monatlich 300 Euro für ihr Studium bekommen, wenn sie nach ihrem Abschluss ihre fachärztliche Wei terbildung im ländlichen Raum er werben und dann mindestens fünf Jahre dort tätig sind, so eine Pressemittei lung des Bayerischen Gesundheitsmi nisteriums. Dies soll ab Juli gelten. Was sagen die Praktiker dazu, erfahre ne niedergelassene Landärzte? ● Dr. med. Jakob Berger, Bezirks vorsitzender Schwaben des bayeri schen Hausärzteverbandes und seit Jahrzehnten niedergelassener Arzt in Meitingen: „Das ist sicher kein Nachteil, aber nur der Tropfen auf einen hei ßen Stein. Ein junger Kollege kann zu Beginn seines Studiums mit 18 Jah ren nicht abschätzen, in welche Rich tung er gehen will. Er wird früh fest gelegt, hat keine Freiheit mehr und gro ße finanzielle Nachteile, wenn er sich doch anders entscheidet. Hausarzt muss man mit Begeisterung werden, nicht weil man dadurch schneller einen Stu dienplatz bekommt. Sinnvoller als ein Numerus clausus wie jetzt wären als Auswahlkriterium für die Zulassung zum Studium soziale Kompetenz und eventuell ein Auswahlgespräch.“
● Dr. med. Sören Dülsner, Medizini sches Versorgungszentrum in Lang weid: „Mit finanziellen Anreizen ist dies nicht zu schaffen. Ich selbst habe mir im Studium nicht vorstellen können, hausärztlich zu arbeiten. Erst in der Klinik hat sich das im Lauf der Facharzt ausbildung herauskristallisiert. Wichtiger als finanzielle Förderung wäre es, die Rahmenbedingungen zu verändern, den Landarzt attraktiver zu machen. Die Dienstbelastung durch Bereitschaftsdienste ist bereits geringer geworden. Einzelpraxen sind nicht mehr zukunftsfähig. Verwaltung und Organisation haben deutlich zuge nommen. Größere Praxen tun sich leichter. Die Bedingungen der ärztli chen Arbeit müssen so gestaltet wer den, dass sie familien und freizeit freundlich und attraktiv sind. Bei uns nimmt auch ein junger Kollege seine Elternzeit. Auch Männer wollen mehr Familie und Freizeit – obwohl unser Beruf nach wie vor sehr attraktiv ist, ist die Bereitschaft gesunken, nur noch in ihm den Lebensmittelpunkt zu sehen. Eine Möglichkeit der Entlastung bie ten große Praxen – oder auch, wenn ein Investor eine Praxis betreibt und die Ärzte angestellt sind.“