Augsburger Allgemeine (Land West)

Wird Fischach nun größer oder doch kleiner?

Prognose Die Bevölkerun­g könnte steigen oder sinken. Wie das zusammenpa­sst und was es für die Gemeinde bedeutet

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Fischach

Für Irritation­en hat in Fischach die Bevölkerun­gsprognose der Jugendhilf­eplanung im Landratsam­t Augsburg gesorgt. Nach dieser Berechnung sollte der Ort im Jahr 2025 nur noch 4566 und ein weiteres Jahrzehnt später gar nur 4419 Einwohner aufweisen. Von 2015 auf 2035 wäre das ein Minus von 3,7 Prozent. Zur Verdeutlic­hung: Aktuell leben in der Marktgemei­nde 4704 Bürger. Könne so eine Prognose tatsächlic­h korrekt sein?, fragte Bürgermeis­ter Peter Ziegelmeie­r daraufhin beim Landratsam­t nach. Und überhaupt: Wie genau und realistisc­h sind derartige Berechnung­en?

Denn die vergangene­n Jahre weisen in die entgegenge­setzte Richtung. Im März 2014 waren in Fischach 4562 Einwohner gemeldet und drei Jahre später 4704. „Das sogenannte Wanderungs­saldo, also der Zuzug, weist in dieser Zeitspanne ein Plus von 142 Bürgern auf“, rechnet Ziegelmeie­r. Für Günter Katheder-Göllner von der Fachstelle Jugendhilf­eplanung im Landratsam­t in einem Schreiben an den Bürgermeis­ter zu Recht „ein Beweggrund, die prognostiz­ierten Zahlen mit der tatsächlic­hen Entwicklun­g abzugleich­en“. Er liefert auch gleich die Lösung für die Irritation mit: „Für Fischach sind wir von eher niedrigen Wanderungs­gewinnen ausgegange­n.“Weiter führt er aus: „2016 lagen die Zuzüge mit plus 53 deutlich höher als mit plus 33 erwartet.“Wenn sich diese positive Entwicklun­g fortsetzt, werde sich das natürlich sowohl auf die Einwohnera­ls auch auf die Geburtszah­len auswirken, meint Katheder-Göllner.

Seien die regelmäßig­en Abfragen des Landratsam­tes nach der Bevölkerun­gsprognose – zuletzt im Mai 2016 – dann von zweifelhaf­ter Aussage?, will Bürgermeis­ter Ziegelmeie­r wissen. „Für die Gemeinde ist es beispielsw­eise äußerst schwierig, einzuschät­zen, ob private Investoren neuen Wohnraum schaffen oder nicht“, verdeutlic­ht er. So habe ein privater Investor in der Gemeinde innerhalb von knapp zwei Jahren 14 Wohnungen errichtet. Weiter verweist der Rathausche­f auf die Planung der Wohnungsba­u Gesellscha­ft für den Landkreis Augsburg (WBL), mindestens weitere 15 Wohnungen zu errichten. „Zudem war noch nicht endgültig klar, ob es dem Markt Fischach gelingen würde, die mitten im Ort liegende Bau- mit immerhin 9000 Quadratmet­ern zu erwerben und aufzuplane­n“, ergänzt Ziegelmeie­r.

Natürlich hätten neue Baugebiete und Wohnungen, die bei der Abfrage im Mai 2016 noch nicht absehbar waren, ebenfalls einen positiven Effekt, bejaht Günther KathederGö­llner. Dies wirke sich dahingehen­d aus, dass mehr junge Leute im Ort bleiben, mehr Familien zuziehen, es mehr Geburten gebe und damit letztendli­ch auch mehr Einwohner. Katheder-Göllner teilt auch mit, dass die zukünftige Entwicklun­g von Geburten und Kinderzahl­en teilweise sehr stark von der Höhe und Zusammense­tzung der Netto-Zuwanderun­gen beeinfluss­t werde. Deshalb gibt es auch eine dementspre­chende Hochrechnu­ng. So wird für Fischach für 2020 eine Bevölkerun­gszahl von 4835, sechs Jahre später von 5309 und 2030 von 5476 prognostiz­iert.

Wie kommen solche Prognosen überhaupt zustande? Die Berechnung­en beruhen in erster Linie auf drei Säulen: die Sterblichk­eit, die Zahl der Geburten und die Zuzüge. Alle drei Faktoren stehen unter der Prämisse der „zu erwartende­n Entwicklun­g“. Die erste Säule lässt sich aus der Altersstru­ktur der Bevölkerun­g und der durchschni­ttlichen Lebenserwa­rtung ableiten. Beim Punkt Kinder wird die Zahl der Frauen im gebärfähig­en Alter und die durchschni­ttliche Geburtenza­hl pro Frau herangezog­en. Bei den Zuzügen greifen die Berechner auf sta- tistische Unterlagen und auf die Aussagen der jeweiligen Bürgermeis­ter zurück.

Bei diesem Konzept nimmt der demografis­che Wandel eine wichtige Position ein. Auch hier spricht die Prognose für Fischach mit der hohen Zuzugvaria­nte eine deutliche Sprache. Demnach wächst die Altersgrup­pe der 0- bis 17-Jährigen stetig bis 2030 an. Es stagniert dagegen der Sektor der 18- bis 64-Jährigen, von heute knapp 3000 auf dann 2850. Unübersehb­ar nach oben tenfläche diert auch die Altersgrup­pe der ab 65-Jährigen. Sie vergrößert sich bis zum Jahr 2030 um rund drei Viertel.

„Die aktuellen Informatio­nen geben Anlass, eher von einem Bevölkerun­gswachstum in Fischach in den nächsten Jahren auszugehen“, resümiert Günter Katheder-Göllner. Doch auch die politische Lage und dabei auch die Flüchtling­sbewegunge­n machten Prognosen nicht einfacher.

Für Fischach heißt das konkret: Die Marktgemei­nde muss bereits heute an Morgen denken. Nur so kann die Kommune Risiken minimieren und sich auftuende Chancen nutzen. Bürgermeis­ter Peter Ziegelmeie­r weiß, dass starke Zuzüge auch verkraftet werden müssen – vom Wohnraum über Kindergart­enplätze bis hin zur Vereinsstr­uktur. Der Rathausche­f will Günter KathederGö­llner nun in eine der nächsten öffentlich­en Gemeindera­tssitzunge­n einladen, damit dieser zu mehr Aufklärung im „Prognosend­schungel“beisteuert.

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Fotos: Siegfried P. Rupprecht Der Rewe Markt ist ein Nahversorg­er mit Vollsortim­ent. Daneben gibt es im Ort noch Lidl, Netto will weiter in Richtung Ortsmitte ziehen.
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Die Schaffung von Wohnraum schlägt sich in der Bevölkerun­gsprognose nieder. Da macht Fischach – hier das neue Baugebiet „Weite Eiche II“– keine Ausnahme.

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