Augsburger Allgemeine (Land West)
Rausgeflogen
Warum Vogelküken nicht immer gerettet werden müssen
Blaumeisen, Amseln oder Rotkehlchen haben eins gemeinsam: Sie sind Nesthocker. Wenn sie im Frühling schlüpfen, sind ihre Augen zu, die Haut nackt, die Flügel stummelig. Sie piepsen und piepsen, wollen nur fressen und bringen die Vogeleltern an den Rand eines Burnouts. Fast wie bei den Menschen. Manchmal fällt eines der Vogelküken aus dem Nest. Das passiert nicht nur den Rabeneltern. Gerade tierliebe Kinder finden beim Spielen oft ein scheinbar verlorenes Vögelchen und bringen es heim. Und die Menscheneltern geben das Küken meist flugs weiter ins Tierheim, die eigene Brut ist schließlich Arbeit genug.
Jetzt kommt es aber ganz auf das Vögelchen an, ob es ins Heim muss oder bei den Vogeleltern bleiben sollte. Denn wenn es schon eigene Federn hat, befindet es sich vielleicht in seiner jugendlichen Sturmund-Drang-Phase und ist nur ausgebüxt. Man kann es sich fast vorstellen, wie der Amselpapa im schwarzen Anzug geschimpft hat: „Solange du deine Füße in meinem Nest …“Doch auf dem grasigen Boden der Tatsachen angekommen, piepsen die Unruhestifter ganz jämmerlich nach ihren Eltern.
Und wenn kein Mensch dazwischenfunkt, kümmern diese sich nach wie vor um den Zögling. Vielleicht lassen sie den Ausreißer ein, zwei Stunden schmachten, dann tauchen sie mit Futter im Schnabel auf. Nur wenn Gefahr droht, also ein Vögelchen auf der Straße sitzt oder im Garten eine Katze wohnt, sollte der Mensch helfen – indem er das Tier auf einen sicheren Ast oder ins Gebüsch setzt. Wie Sie ein nacktes Vogelküken retten können und ob Rehkitze und Häschen auch Hilfe brauchen, lesen Sie auf Bayern.