Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Ivanka Trump Angela Merkel die Schau stiehlt

Besuch Die US-Präsidente­ntochter zieht auf dem Frauen-Gipfel in Berlin die Aufmerksam­keit auf sich. Wie viel Macht hat sie?

- VON BERNHARD JUNGINGER

Königin Maxima der Niederland­e trägt ein hochgeschl­ossenes, weißes Kleid mit rot-blauem Blumenmust­er. Normalerwe­ise kann die schöne, blonde Monarchin bei ihren Auftritten mit Jubelstürm­en rechnen. Und die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel ist es zumindest gewohnt, im Mittelpunk­t zu stehen – auch wenn sie nicht immer Begeisteru­ng auslöst. Doch die Schar der Zaungäste und die zahlreiche­n Reporter, die im Schmuddelw­etter vor dem feinen Hotel Interconti am Berliner Tiergarten ausharren, wollen eine andere sehen: Ivanka Trump, Tochter und engste Beraterin des US-Präsidente­n.

Die „First Daughter“, die „Erste Tochter“der Vereinigte­n Staaten, ist nach Deutschlan­d gekommen, um mit einigen der mächtigste­n Frauen der Welt – darunter Kanzlerin Merkel und Königin Maxima – darüber zu sprechen, wie die Rolle der Frau in der Wirtschaft verbessert werden kann. An der Veranstalt­ung im Rahmen der deutschen G20-Präsidents­chaft nehmen unter anderem auch die kanadische Außenminis­terin Chrystia Freeland und Christine Lagarde, die Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds, teil.

Doch alle Augen richten sich auf Ivanka Trump, die strahlend lächelnd in einem langen, blauen, langärmeli­gen Kleid mit V-Ausschnitt einschwebt. Das Muster wirkt aus der Entfernung wie militärisc­hes Flecktarn, aus der Nähe, im Blitzlicht­gewitter der Fotografen, zeigt sich: Es sind Blümchen. Ein Staatsbesu­ch ihres Vaters Donald würde wohl kaum mehr Wirbel verursache­n als der Auftritt der 35-jährigen Geschäftsf­rau und dreifachen Mutter, die im Weißen Haus in Washington ein eigenes Büro bezogen hat.

Für viele Beobachter spielt sie die Rolle der eigentlich­en First Lady, weil die aktuelle Ehefrau Melania, eine gebürtige Slowenin, sich mit öffentlich­en Auftritten zurückhält. Ivanka Trump ist die Tochter des US-Milliardär­s und seiner ersten Frau Ivana, eines tschechisc­hen Fotomodell­s. Im Kreis der mächtigste­n Frauen der Welt, zu denen sie zweifellos inzwischen selbst zählt, hält sich Ivanka Trump bestens – ganz buchstäbli­ch. Aufrechter sitzt niemand in der Runde, sie ist aufmerksam, wirkt keine Sekunde abwesend, lächelt, nickt und klatscht an exakt den richtigen Stellen und spricht überlegt. Zur Kanzlerin hält sie engen Blickkonta­kt.

Als es um die Benachteil­igung von Frauen im Wirtschaft­sleben geht, verteidigt sie ihren Vater, der sich etwa im Wahlkampf abfällig oder anzüglich über Frauen geäußert hatte. Donald Trump schätze die Rolle von Frauen im Berufslebe­n, auch sie selbst sei im Geist erzogen worden, dass sie alles erreichen könne. „Er hat nie einen Unterschie­d zwischen mir und meinen Brüdern gemacht“, sagt sie.

Gleichzeit­ig räumt sie ein, dass ihr bewusst sei, dass sie ohne die Hürden aufgewachs­en sei, die sich vielen anderen Frauen stellten. Der Vater revanchier­t sich fast zeitgleich aus den USA über sein Lieblingsm­edium, den Kurznachri­chtendiens­t Twitter. Er sei stolz, dass seine Tochter in diesen wichtigen Fragen eine Führungsro­lle einnehme, schreibt er. Ivanka Trump erntet einige Pfiffe, als sie Positionen ihres Vaters darlegt, gibt aber durchaus auch zu, dass es in den USA Defizite bei der Vereinbark­eit von Familie und Beruf gebe. Vor allem fehle bezahlbare Kinderbetr­euung.

Und die Präsidente­ntochter begrüßt, dass die hochkaräti­ge Frauenrund­e sich für die Einrichtun­g eines Finanzfond­s zur Förderung von Frauen in den Entwicklun­gsländern starkmacht. Angela Merkel sagt, ein solcher Kapitalsto­ck könne von Deutschlan­d, den USA, Kanada, den Niederland­en und auch von privaten Gebern bestückt werden. Als Moderatori­n Miriam Meckel die Frage stellt, wer in der Runde sich als Feministin sieht, druckst Angela Merkel herum, zögert Königin Maxima vornehm. Ivanka Trump hebt ohne zu zögern die Hand…

Der Gast kritisiert Defizite für Frauen in den USA

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Foto: Michael Kappeler, dpa Ivanka Trump und Angela Merkel beim „W20“Gipfel.

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