Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn Mensch und Roboter zusammenar­beiten

Industrie Die Hannover Messe zeigt, wie die Rolle der Beschäftig­ten in der Fabrik der Zukunft aussieht. Sie werden nicht nur Hand in Hand mit Robotern arbeiten, die Geräte lernen auch selbst aus ihren Fehlern. Kuka holt dafür SAP als Partner

- VON MICHAEL KERLER

Die Maschine weicht zurück, wenn es gefährlich wird In den Daten liegt das Geschäft der Zukunft

Sein Spitzname ist Karl. Karl ist ein Roboter. Das Gerät hat zwei Arme und einen Kopf und kann mit seinen optischen Sensoren wie ein Mensch mit den Augen Dinge erkennen. Das reicht hier auf der Hannover Messe, um Spielzeuga­utos von A nach B zu schichten, in der Fabrik bieten sich für Roboter viele andere Anwendungs­möglichkei­ten. Stolz ist man hier am Stand der Firma Schunk aus Lauffen am Neckar vor allem auf das Greifwerkz­eug, das am Ende des Roboterarm­s sitzt – praktisch die Hand der Maschine.

Schunk hat den Greifer mit allerlei technische­n Raffinesse­n ausgerüste­t, damit Maschinen Hand in Hand mit dem Menschen arbeiten können. Geriet man früher in den Arbeitsweg des Roboters, machte dieser stur mit seiner Tätigkeit weiter. Im schlimmste­n Fall wurde ein Arbeiter zwischen Roboterarm und Werkstück eingequets­cht. Schunk hat nun einen Greifer entwickelt, der erkennt, wenn sich zum Beispiel ein Mensch unvorherge­sehen nähert. „Der Greifer merkt, wenn ihm etwas zu nahe kommt, und stoppt, ohne dass es bereits zu einer Berührung kam“, sagt Diplom-Ingenieur Jakob Khoury. „Die Kollision wird vermieden.“Für die Entwicklun­g bekam Schunk einen bedeutende­n Preis der Messe – den Hermes Award. Intelligen­z zieht also in Maschinen ein.

Anwendung finden diese kollaborat­iven Roboter, die also Hand in Hand mit dem Menschen arbeiten, zum Beispiel in der Autofertig­ung, wo es in der Montage noch viel Handarbeit gibt. Roboter, die Rücksicht auf den Menschen nehmen, zeigt auch das dänische Unternehme­n Universal Robots, das kürzlich eine Niederlass­ung in München gegründet hat. Der Augsburger Roboterbau­er Kuka hat mit dem LBR iiwa bereits frühzeitig einen berührungs­empfindlic­hen Roboter auf den Markt gebracht.

Heute gehen die Pläne deutlich weiter. Kuka arbeitet nicht nur an einzelnen Robotern, sondern will die ganze Fabrik der Kunden in die digitale Zukunft führen. Das Unter- nehmen zeigt heute, wie sich eine Fabrik komplett vernetzen lässt. Die Produktion steuert sich dabei selbst. Am Kuka-Stand sieht dies so aus, dass Besucher ein Foto von sich machen lassen können, daraus entsteht dann binnen 15 Minuten ein Puzzle auf Karton. Die Fertigung ist vollständi­g automatisi­ert. Das Material wird aus dem Lager entnommen, das Bild gedruckt, ein Laser schneidet die Puzzleteil­e. Der Kunde bekommt am Ende eine Nachricht, dass er sein Puzzle abholen kann.

„Mit der vernetzten Fertigung lassen sich selbst in Massenprod­uktion ganz individuel­le Produkte herstellen“, sagt Kuka-Sprecher Wolfgang Meisen. Individuel­le Wünsche und große Stückzahle­n zusammenbr­ingen – das haben sich auch Adidas und Siemens vorgenomme­n. Die Konzerne gaben bekannt, bei der Fertigung von Turnschuhe­n zusammenar­beiten zu wollen.

Die Daten, die dabei in der Produktion von allen eingesetzt­en Maschinen anfallen, sind es, die derzeit die Industriew­elt in Aufregung versetzen. Lassen sich diese Daten nutzen, um die Produktion zu verbes- Das ist die Frage, die viele umtreibt – häufig unter den Schlagwort­en „Industrie 4.0“oder „Internet der Dinge“. Wie Lösungen aussehen, kann man zum Beispiel am Stand des US-Unternehme­ns IBM sehen.

Auch bei IBM steht ein Roboter. Die Daten, die er bei seiner Arbeit erzeugt, lassen sich zentral in einem Datenpool – der sogenannte­n Cloud – sammeln und auf einem Tabletcomp­uter darstellen. Ist das System klug programmie­rt, kann es beispielsw­eise einen Mitarbeite­r warnen, wenn etwas am Roboter schiefläuf­t, weil er zum Beispiel überhitzt. Spannend wird es, wenn das System im Laufe der Zeit selbst erkennen würde, welches Verhalten des Rosern? boters optimal ist, dementspre­chend seine Regeln anpasst und so Fehler vermeidet. „Künstliche Intelligen­z“nennen das die Techniker. IBM will solche Programme vorantreib­en und arbeitet hier künftig mit dem Schweizer Siemens-Konkurrent­en ABB zusammen. Roboter könnten also bald praktisch von Robotern lernen. In den Daten aus den Fabriken sehen viele das große Geschäft der Zukunft. Doch der Mensch ist nicht außen vor: IBM hat seinem System den menschlich­en Namen „Watson“gegeben. Das System ist auch in der Lage, Sprache zu erkennen. Ein Mitarbeite­r müsste seine Befehle für „Watson“nur ausspreche­n. Für ihn wird es leichter.

Auch Kuka setzt nicht nur auf Roboter, sondern will in Zukunft verstärkt Software anbieten. Eine bereits bestehende Lösung von Kuka kann helfen, die Produktion zu beobachten und drohende Ausfälle rechtzeiti­g zu erkennen. Für die Zukunft hat der Konzern den deutschen Software-Riesen SAP als Partner gewonnen. Das gab Kuka-Chef Till Reuter in Hannover bekannt. Zudem hat Kuka in Karlsruhe das Start-up connyun gegründet, um zusammen mit SAP Lösungen für das „Internet der Dinge“zu entwickeln.

Kuka will so Roboter mit der Welt der Daten verbinden. „Wir sind überzeugt, dass wir das richtige Know-how haben“, glaubt Reuter.

 ?? Foto: Friso Gentsch, dpa ?? Mensch und Roboter arbeiten Hand in Hand. Das ermögliche­n Kuka Roboter und der blaue Greifer von Schunk auf unserem Bild. Bald könnten die Roboter aber auch selbst aus ihren Fehlern lernen. Software macht es möglich.
Foto: Friso Gentsch, dpa Mensch und Roboter arbeiten Hand in Hand. Das ermögliche­n Kuka Roboter und der blaue Greifer von Schunk auf unserem Bild. Bald könnten die Roboter aber auch selbst aus ihren Fehlern lernen. Software macht es möglich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany