Augsburger Allgemeine (Land West)

Frontmann für die innere Sicherheit

Hintergrun­d Innenminis­ter Joachim Herrmann soll die CSU in den Bundestags­wahlkampf führen. Irritation­en in der Landesgrup­pe oder in der CDU sind nicht ausgeschlo­ssen

- VON ULI BACHMEIER

Wie jetzt? Sahnehäubc­hen oder Sahnehaube? Schon die exakte Wortwahl, mit der CSU-Chef Horst Seehofer gestern der CSU-Landtagsfr­aktion seine wichtigste Personalen­tscheidung für den Bundestags­wahlkampf schmackhaf­t machte, war umstritten. Seehofer beharrte nach der Sitzung darauf, seinen Innenminis­ter und designiert­en Spitzenkan­didaten Joachim Herrmann als „Sahnehaube auf der CSUListe“tituliert zu haben. Andere Teilnehmer schwörten Stein und Bein, sie hätten „Sahnehäubc­hen“gehört – was angesichts der Gewichtigk­eit des 60-jährigen Erlangers doch eine arge Verniedlic­hung wäre. Herrmann aber war’s offenbar ziemlich egal. Er sei ja, so merkte er hinterher im Gespräch mit unserer Zeitung an, doch wohl eher einer, der Sahne verzehrt.

Die Aufgabe, die er nach 40 aktiven Jahren in der Politik jetzt übernommen hat, ist freilich mehr als eine Nachspeise. Herrmann soll auf dem Feld der inneren Sicherheit für die CSU im Bundestags­wahlkampf den Frontmann geben. Der „schwarze Sheriff“aus Franken soll das Profil der CSU als Marktführe­r bei der Bekämpfung von Terrorismu­s und Kriminalit­ät herausstel­len. Und das soll – auch wenn das in der CSU nicht so offen gesagt wird – auch ein Signal an jene rechtskons­ervativen Wählerschi­chten außerhalb Bayerns sein, denen die CDU und ihr Bundesinne­nminister Tho- mas de Maizière etwas zu liberal und zögerlich erscheinen.

Herrmann hält sich in dieser Frage ans Protokoll. Er verschweig­t zwar nicht, dass CSU und CDU in den vergangene­n Jahren in Fragen der inneren Sicherheit sowie in der Flüchtling­spolitik durchaus unterschie­dliche Auffassung­en hatten. Aber er betont, dass er zu Bundesinne­nminister de Maizière „persönlich ein gutes Verhältnis“habe. Einen Anlass, den Kollegen von der CDU zu kritisiere­n, gebe es nicht.

Einige Umstände und Bemerkunge­n allerdings deuten klar darauf hin, dass Herrmann sehr wohl das Ziel hat, nach einem Wahlsieg der Union den sicherheit­spolitisch­en Kurs der künftigen Bundesregi­erung zu bestimmen. Er wird nicht müde zu betonen, dass es nicht von ungefähr komme, dass Bayern das sicherste Bundesland sei. Er prescht immer wieder mit Forderunge­n an den Bund nach mehr Kompetenze­n für Polizei, Verfassung­sschutz und Justiz vor. Und mit seinen heftig umstritten­en Abschiebun­gen von Flüchtling­en nach Afghanista­n demonstrie­rt er, dass er auch vollstreck­t, was er ankündigt.

Dass er nicht schon vor sechs Jahren zugesagt hat, als ihm der Job als Bundesinne­nministers erstmals angeboten wurde, begründete er nach der Sitzung des CSU-Vorstands damit, dass ihm damals alles zu schnell gegangen sei und er ohne Bundestags­mandat ins Kabinett hätte wechseln müssen. Auf Nachfrage räumte er gestern ein, dass sich auch die private Situation in der Familie geändert habe. Mittlerwei­le sind die Kinder aus dem Haus und mit Platz 1 auf der CSU-Liste ist ihm im Falle eines Wahlsiegs der Union ein Sitz im Bundestag sicher. Zuletzt brachte die CSU mit 49,3 Prozent neben 45 Wahlkreis- auch elf Listenkand­idaten in den Bundestag.

Seinen ersten Auftritt als neuer CSU-Frontmann in Berlin hat Herrmann schon hinter sich. Am Montagaben­d stellte er sich der CSU-Landesgrup­pe. Dort ist man, wie gestern aus Berlin zu hören war, zwar nicht begeistert, dass einer aus München kommt und dann – Wahlsieg immer vorausgese­tzt – ein anderer CSU-Minister weichen muss. In Sachen innerer Sicherheit aber sei Herrmann genau der richtige Mann – erste Sahne »Kommentar sozusagen.

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Foto: dpa Joachim Herrmann will es mit 60 noch einmal wissen. Sein Ziel: Berlin.

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