Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn Tierkinder Hilfe brauchen

Natur Jetzt im Frühling ist Brutzeit. Vögelküken schlüpfen, Feldhäsche­n werden geboren und Rehkitze staksen mit ihrer Mutter durch die Flure. Doch was, wenn die Eltern fehlen?

- VON ORLA FINEGAN

Augsburg

Die meisten Tierkinder kommen im Frühling zur Welt. Und während manche sich schon nach kurzer Zeit wunderbar alleine in der Natur zurechtfin­den, brauchen andere die Aufmerksam­keit der Tiereltern für ein paar Wochen oder Monate. Doch was, wenn man auf einem Spaziergan­g auf ein scheinbar verlassene­s Tierkind trifft? Soll man da eingreifen? Die Tendenz lautet: auf keinen Fall. Aber es gibt Ausnahmen.

Wie ist es mit Feldhasen?

Hans Fürst von der Augsburger Jägerverei­nigung betont, dass sich Feldhasen vier bis fünf Tage nach der Geburt von den Eltern lösen und alleine unterwegs sind. Obwohl sie so klein und schutzbedü­rftig aussehen, brauchen sie keine Hilfe. Sie finden alle Kräuter, die sie brauchen, in der Natur und können sich im Gras gut verstecken. Nur die Witterung kann ihnen gefährlich werden. Regnet es ununterbro­chen und schneit es sogar, können sie erfrieren. Findet man ein kleines Häschen ganz geschwächt und nass im Garten, kann man es kurzzeitig ins Haus nehmen, aufwärmen und etwas füttern. Dann sollte es aber schnellstm­öglich wieder zurück in die Natur, sagt Jäger Fürst.

Was gilt für Rehkitze?

Mehrmals betont Jäger Hans Fürst, dass man Rehkitze auf keinen Fall anfassen darf. Das wäre das sichere Todesurtei­l für das Kleine, denn dann würde die Mutter es tatsächlic­h nicht mehr annehmen. „Rehkitze haben keinen Eigengeruc­h. Das ist eine Schutzfunk­tion von der Natur, deshalb findet auch ein Hund sie nur, wenn er querfeldei­n rennt und über sie stolpert“, sagt Fürst. Lieber mindestens einen Meter Abstand halten und bewundern, wenn man doch eines sieht – aber niemals strei- cheln. Und der Hund, der sollte im Mai und Juni besser an der Leine bleiben. Auch das sei Tierschutz. Selbst wenn ein Kitz von Hand aufgezogen wurde, stirbt es oft, sobald es dann ausgewilde­rt wird.

Brauchen Eichhörnch­en Hilfe?

„Eichhörnch­en muss man mitnehmen, wenn sie einem nachlaufen“, sagt Tierpflege­rin Daniela Golling aus Augsburg. Sind sie noch sehr klein und alleine unterwegs, haben sie sonst kaum Chancen, zu überleben. Da sie unter Artenschut­z stehen, darf man sie laut Gesetz auch nicht selbst aufziehen, sondern sollte sie in ein Tierheim bringen. Dort lernen sie mit anderen Artgenosse­n fressen und klettern und werden schließlic­h ausgewilde­rt.

Wer kümmert sich um Vogelküken?

Tierpflege­rin Golling kennt sich mit Vögelküken aus. Jedes Jahr im Frühling bringen Menschen scheinbar verlassene Vögel zu ihr ins Augsschlec­hte burger Tierheim. Momentan hat sie eine Handvoll Schützling­e, in den nächsten zwei Wochen werden es viel mehr, da ist sie sich sicher. Sie weiß aber auch, dass viele von den abgegebene­n Vögeln auch in der Natur überlebt hätten. „Haben sie schon Gefieder, haben sie zwar das Nest verlassen, werden aber von den Eltern noch weitergefü­ttert“, erläutert sie. Sie rät, diese Jungvögel beispielsw­eise in ein kleines, ausrangier­tes Osternest zu setzen und es in einen Baum oder Strauch zu legen. Die Vögelchen rufen so laut nach ihren Eltern, dass diese den Nachwuchs auch finden, wenn er viele Meter entfernt ist. Ist jedoch ein nacktes Küken aus dem Nest gefallen, hat es ohne den Menschen kaum Chancen. Da es alle zwei Stunden gefüttert werden muss, rät Golling dazu, es im Tierheim abzugeben. Trotzdem sterben 95 Prozent dieser Küken, da sie wegen Krankheite­n meist von den Eltern vorsorglic­h verstoßen wurden, erzählt sie.

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