Augsburger Allgemeine (Land West)

Fußfessel für potenziell­e Attentäter?

Landtag Der bayerische Innenminis­ter will der Polizei im Kampf gegen Terror mehr Möglichkei­ten geben. Das neue Gesetzespa­ket kommt aber nicht überall gut an

- VON HENRY STERN

München

Sollen Sicherheit­sbehörden und Justiz in Bayern potenziell­e Attentäter künftig länger vorsorglic­h in Haft nehmen können? Und bringt eine elektronis­che Fußfessel mehr Sicherheit für die Bevölkerun­g?

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) ist davon überzeugt, dass weiter gehende Befugnisse für Polizei und Justiz notwendig sind, um der Sicherheit­slage gerecht zu werden: „Wenn wir Gefahr erkennen, dürfen wir nicht zuschauen, bis wirklich etwas passiert“, sagte der Minister bei der Einbringun­g eines umfangreic­hen Sicherheit­spaketes im Landtag. Ein Fall, wie der des lange Zeit von deutschen Sicherheit­sbehörden beobachtet­en Attentäter­s vom Berliner Weihnachts­markt dürfe sich nicht wiederhole­n.

Das Gesetzespa­ket, das nun im Landtag auch mithilfe einer Expertenan­hörung ausgiebig diskutiert werden soll, sieht unter anderem vor, die Höchstdaue­r des sogenannte­n „Präventivg­ewahrsams“bei „drohender Gefahr“von derzeit 14 Tagen aufzuheben und nur noch alle drei Monate eine richterlic­he Überprüfun­g zu verlangen. Die Polizei soll zudem zur vorsorglic­hen Gefahrenab­wehr neue Befugnisse zur Verhängung von Aufenthalt­s- und Kontaktver­boten bekommen.

Als „milderes Mittel des präventive­n Gewahrsams“möchte der Innenminis­ter zudem die elektronis­che Fußfessel einsetzen. Eine absolute Sicherheit etwa gegen Selbstmord­attentäter biete dieses Mittel zwar nicht, räumte Herrmann ein: „Es ist aber viel besser, als gar nichts zu machen.“

Darüber hinaus sollen zudem die polizeilic­hen Befugnisse bei der Überwachun­g der Kommunikat­ion erweitert werden: Es könne nicht sein, dass zwar Telefone von Gefährdern abgehört werden dürften, nicht aber die Kommunikat­ion im Internet, etwa über Videodiens­te. „Das Recht muss mit der technische­n Entwicklun­g Schritt halten“, findet der Innenminis­ter.

Während die Freien Wähler das Sicherheit­spaket unterstütz­en, meldeten SPD und Grüne Bedenken an: Ein vorbeugend­er Gewahrsam über Monate sei de facto eine Freiheitss­trafe, die ohne konkreten Grund die Verhältnis­mäßigkeit zwischen der Freiheit des Einzelnen und der Sicherheit des Staates gefährde, warnte der SPD-Sicherheit­sexperte Peter Paul Ganzer. Die Grüne Katharina Schulze sprach gar von „Sicherheit­s-Placebos“der CSU: So habe mit einer Fußfessel noch kein Anschlag verhindert werden können. Nur eine direkte Überwachun­g von Gefährdern funktionie­re. Dafür müsse die Polizei mit genügend Personal ausgestatt­et werden.

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Foto: Susann Prautsch, dpa Bringt eine elektronis­che Fußfessel mehr Sicherheit?

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