Augsburger Allgemeine (Land West)
Russland grätscht die Medien ab
Fußball-Weltmeisterschaften zählen zu den begehrtesten Gütern des Sports. Ein Milliardengeschäft, an dem Wirtschaft und Politik verdienen sowie Korruption schon bei der Vergabe blüht. Umweltschutz, Menschenrechte, Minderheiten und die Wahrheit sind dagegen traditionelle WM-Verlierer.
Je autoritärer das System des WM-Gastgebers, umso gnadenloser walzt es über Werte hinweg, umso vernichtender fallen deren Niederlagen aus. Das hat Geschichte. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die 1978 mit einem fröhlichen „Buenos Dias Argentina“auf den Lippen ins Land der Militärdiktatoren gezogen ist, die den Generälen freundlich die Hände gereicht hat, würde heute anderes dazu singen. Immer wieder haben sich autoritäre Regime des Sports bedient, um ihrer hässlichen Fratze ein hübsches Gesicht zu verleihen.
Im Fußball ist es so, dass der WM-Gastgeber ein Jahr vor dem ersten Anpfiff eine Art Testlauf absolvieren muss. Fällt er durch, passiert (leider) nichts. Andernfalls stünde Russland als Gastgeber 2018 bereits vor dem Aus. Politisch steht Putins Reich dem Argentinien der 70er Jahre verstörend nahe. Neuester Ausdruck dessen sind die Medien-Regeln für den Confed Cup. Vereinfacht gesagt dürfen Journalisten in Russland nur über Fußball berichten. So hat es der Gastgeber dem Weltverband Fifa in dessen Richtlinien diktiert. Die Russen reagieren damit auf missliebige Berichte während Olympia 2014 in Sotschi. Damals war der Ukraine-Krieg eskaliert, wurden Mitglieder der oppositionellen Band „Pussy Riot“festgenommen. Derlei will Putin nicht mehr lesen. Deshalb nimmt er Sportjournalisten nun an die kurze Leine. Wenn das so bleibt, kann er kein WM-Gastgeber sein. Dies zu verdeutlichen, ist Aufgabe der Fifa. Der Weltverband bestimmt die Regeln. Leider hat sich die Fifa selten als Hüterin von Freiheit und Wahrheit hervorgetan.
Sie galt unter Sepp Blatter als genauso korrupt wie Putin & Co. Inzwischen hat sie, ebenso wie der russische Fußballverband, eine ungehinderte Berichterstattung zugesichert. Mehr als Lippenbekenntnisse? Entscheidend ist, was man darunter versteht – und ob es dasselbe ist, was Putin meint.