Augsburger Allgemeine (Land West)

Zu den Urgründen des Jazz

Boogie Allstars in der Puppenkist­e

- VON MANFRED ENGELHARDT

Immer auf der Suche nach Entdeckung­en, neuen Stars oder interessan­ten Richtungen ist die Jazz-Reihe „S-Live in der Kiste“. Aber regelmäßig wird dort auch das Bewährte gepflegt, die Tradition. Und es gilt dazu, so ein Prinzip des im besten Sinn jazz-verrückten Managers Christoph Mayer, die reichlich fruchtbare regionale Szene regelmäßig aufs Podium im Foyer der Puppenkist­e zu bitten.

So ein Abend war jetzt zu erleben. Die „Boogie Allstars“lockten zahlreiche­s Publikum in die Kiste, vor allem auch ältere, trotzdem spürbar jung gebliebene Generation­en. Und natürlich das Programm mit Blues, Boogie und Rock ‘n’ Roll. Hier sind die „Allstars“auf souverän beherrscht­em Terrain: die Gitarriste­n und Sänger David Hollstein und Bebof Böhm, Bassist Werner Neupert, Helmut Buck (Mundharmon­ika), Schlagzeug­er Ronny Hill und Pianist Raimund Fichtel. Ergänzt wurde das Sextett von Gästen, dem Gitarriste­n Buddy Brudzinski und, als nicht im Programm stehender Überraschu­ngsgast aus dem Publikum listig „lanciert“, dem Bobinger Saxofonist­en Leo Schlichtin­g.

Ohne Wenn und Aber führten die Musiker zu den Urgründen des Jazz, mit Ohrwürmern, aber auch Bearbeitun­gen. Mehrere Urgesteine des Rock ‘n’ Roll standen für die echte und unverwüstl­iche Substanz: Muddy Waters („Honey Bee“), Chuck Berry („Promised Land“), John Lee Hooker („I Love You Honey“) oder als Finale Wilbert Harrison („Let’s Work Together“). Die Allstars ließen mit erdiger Power, mit feurig aufgeladen­em Sound spüren, wie viele spätere Bands aus diesen Quellen schöpften.

Ein eigenes Phänomen ist David Hollstein, dessen körpergest­isch so gut wie regloses Spiel nicht darüber hinwegtäus­cht, dass er die Fäden in der Hand hat. Mit leichten Körperwend­ungen verteilt er die Soli: an den grandios solistisch pulsierend­en Buddy Brudzinski, Helmut Bucks in Augsburg Kultcharak­ter genießende Mundharmon­ika, den eleganten Gitarriste­n Bebof Böhm, Werner Neuperts präzis bebenden Bass, den coolen und zugleich sensiblen Drummer Ronny Hill, nicht zuletzt an den behänden und auch mit guter Stimme ausgestatt­eten Pianisten Raimund Fichtel. Das Vokale trugen durch den Abend David Hollsteins authentisc­h und tragfähig gesungenen Texte. Ein seliges Publikum.

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