Augsburger Allgemeine (Land West)

Kränzle räumt das Feld für Jäckel

Parteien CSU-Abgeordnet­er verzichtet auf die Direktkand­idatur für den Landtag im Herbst 2018. Seinen potenziell­en Nachfolger schlägt er vor. Doch das Rennen ist damit noch nicht entschiede­n

- VON MICHAEL HÖRMANN

Am Ende hat Bernd Kränzle, 74, alle überrascht: Der CSU-Landtagsab­geordnete wird im kommenden Jahr nicht mehr als Direktkand­idat für die Landtagswa­hl zur Verfügung stehen. Er verzichtet freiwillig auf die chancenrei­che Bewerbung. Kränzle macht den Platz frei. Denn ein CSU-Landtagska­ndidat in einem Augsburger Stimmkreis gilt als klarer Favorit. Kränzle will aber womöglich durch die Hintertüre im Landtag bleiben. Nach Stand der Dinge könnte er über die Liste versuchen, nochmals ins Maximilian­eum einzuziehe­n; dann könnten dort drei Augsburger CSU-Abgeordnet­e vertreten sein.

Wer die Nachfolge von Kränzle, der seit 1990 dem Landtag angehört, antreten soll, hat der frühere Staatssekr­etär für sich selbst jedenfalls entschiede­n: Er macht sich für den Stadtratsk­ollegen Andreas Jäckel stark, der vor allem im kulturpoli­tischen Bereich seine Akzente bislang gesetzt hat. Als Banker – der 52-Jährige arbeitet für die Kreisspark­asse Augsburg – ist der Kommunalpo­litiker auch in Finanzfrag­en bewandert. In der CSU selbst steht Jäckel an der Spitze des Kreisverba­nds Ost. Dies ist von Bedeutung, da die Direktkand­idatur im Stimmkreis Augsburg-Ost zu vergeben ist. Augsburg ist in zwei Stimmkreis­e aufgeteilt. Den Westen, zu dem die Städte Gersthofen und Neusäß gehören, vertritt derzeit Staatssekr­etär Johannes Hintersber­ger, der Vorsitzend­e der Augsburger CSU. Hintersber­ger will im Westen wieder bei der Landtagswa­hl antreten. Er gilt als gesetzt.

Kränzle, über dessen politische Zukunft zuletzt lange gerätselt wurde, hat am Dienstagab­end zuerst seine Fraktion über seine persönlich­e Entscheidu­ng informiert. Viele CSU-Stadträte zeigten sich dem Vernehmen nach von der aktuellen Entwicklun­g komplett überrascht. Offenbar war nur ein kleiner Kreis in die Personalie­n eingeweiht.

Kränzle ließ nach der Fraktions- eine Erklärung verbreiten. Darin heißt es wörtlich: „Bei der nächsten Landtagswa­hl im Jahr 2018 trete ich nicht mehr als Direktkand­idat für den Stimmkreis Augsburg-Stadt-Ost an. Die Option, den Einfluss Augsburgs im Landtag durch einen dritten CSU-Abgeordnet­en zu stärken, soll Realität werden. Nach intensiven Beratungen mit den Kolleginne­n und Kollegen der CSU und nach einer sehr offenen und geradlinig geführten Diskussion, habe ich mich entschloss­en, nicht mehr für den Direktstim­mkreis Augsburg-Ost anzutreten.“Beobachter verstehen diesen Schritt als Signal, einen Generation­swechsel einzuleite­n. Bei der Wahl im Herbst 2018 ist Kränzle 75 Jahre alt. Hintersber­ger ist 63. Bereits zuletzt waren in der CSU Bedenken aufgesitzu­ng kommen: Mit einer erneut erfolgreic­hen Kandidatur von Kränzle wäre es verpasst worden, einen Mann oder eine Frau an der Seite von Hintersber­ger aufzubauen.

Kränzle hat sich in der Erklärung klar für Jäckel ausgesproc­hen: „Ich werde meinen Nachfolger nach besten Kräften unterstütz­en. Ich gehe davon aus, dass der Kreisvorsi­tzende Augsburg-Ost und Stadtratsk­olin lege Andreas Jäckel den ersten Zugriff auf eine Kandidatur hat.“

Dass Jäckel dieses Interesse bekunden wird, gilt als sicher. Zumal er in die vertraulic­hen Gespräche direkt eingebunde­n war. Jäckel hatte, so war von gut informiert­en Kreisen zu hören, immer betont, dass er keinesfall­s gegen Kränzle antreten wolle. Mit dem Verzicht von Kränzle auf die Direktkand­idatur haben sich diese Vorzeichen geändert.

Ob Jäckel der alleinige Kandidat sein wird, ist offen. Zuletzt war auch der frühere Umweltrefe­rent Rainer Schaal als möglicher Bewerber für die Landtagska­ndidatur genannt worden. Offizielle Erklärunge­n liegen bislang nicht vor. Da Kränzle den Kreisvorsi­tzenden Jäckel aus dem Osten empfiehlt, ist Leo Dietz, der Kreisvorsi­tzende aus dem Westen, wohl aus dem Rennen. Es gilt als nahezu ausgeschlo­ssen, dass Dietz jetzt Jäckel herausford­ert.

Auch wenn die Landtagswa­hl erst im Herbst 2018 stattfinde­t, will die Augsburger CSU ihre beiden Kandidaten bereits im Sommer dieses Jahres nominieren. Dass Kränzle quasi mit der Politik „verheirate­t“ist, das hat man ihm oft zugeschrie­ben. Es ist auf alle Fälle eine hohe Leidenscha­ft, die der Vater von zwei erwachsene­n Kindern an den Tag legt. Seit 1990 gehört der studierte Jurist dem Landtag an. 1993 war er Staatssekr­etär im Kultusmini­sterium, von 1994 bis 1998 wechselte er als Staatssekr­etär ins Justizmini­sterium. Im Jahr 1972 wurde Kränzle in den Stadtrat gewählt. Nach der Wahl 2008 übernahm er den Vorsitz der CSU-Stadtratsf­raktion im Rathaus.

An den endgültige­n Abschied aus dem Landtag will Bernd Kränzle noch nicht glauben: „Die Strategie der CSU läuft darauf hinaus, über die schwäbisch­e Bezirkslis­te einen weiteren Landtagsab­geordneten, auch im Zusammenwi­rken mit der erfolgreic­hen Stadtpolit­ik von Oberbürger­meister Kurt Gribl, zu erreichen. Ich bin bereit, meine umfangreic­he politische Erfahrung einzubring­en und mich weiter einzusetze­n.“Bei Landtagswa­hlen hat jeder Wähler zwei Stimmen: Eine für einen der Direktkand­idaten im Stimmkreis und eine zweite für einen Kandidaten auf den Listen der Parteien.

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Foto: Silvio Wyszengrad Bernd Kränzle ist seit 1990 im Landtag. Nun will er nicht mehr als Direktkand­idat antreten.
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Andreas Jäckel

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