Augsburger Allgemeine (Land West)
Kränzle räumt das Feld für Jäckel
Parteien CSU-Abgeordneter verzichtet auf die Direktkandidatur für den Landtag im Herbst 2018. Seinen potenziellen Nachfolger schlägt er vor. Doch das Rennen ist damit noch nicht entschieden
Am Ende hat Bernd Kränzle, 74, alle überrascht: Der CSU-Landtagsabgeordnete wird im kommenden Jahr nicht mehr als Direktkandidat für die Landtagswahl zur Verfügung stehen. Er verzichtet freiwillig auf die chancenreiche Bewerbung. Kränzle macht den Platz frei. Denn ein CSU-Landtagskandidat in einem Augsburger Stimmkreis gilt als klarer Favorit. Kränzle will aber womöglich durch die Hintertüre im Landtag bleiben. Nach Stand der Dinge könnte er über die Liste versuchen, nochmals ins Maximilianeum einzuziehen; dann könnten dort drei Augsburger CSU-Abgeordnete vertreten sein.
Wer die Nachfolge von Kränzle, der seit 1990 dem Landtag angehört, antreten soll, hat der frühere Staatssekretär für sich selbst jedenfalls entschieden: Er macht sich für den Stadtratskollegen Andreas Jäckel stark, der vor allem im kulturpolitischen Bereich seine Akzente bislang gesetzt hat. Als Banker – der 52-Jährige arbeitet für die Kreissparkasse Augsburg – ist der Kommunalpolitiker auch in Finanzfragen bewandert. In der CSU selbst steht Jäckel an der Spitze des Kreisverbands Ost. Dies ist von Bedeutung, da die Direktkandidatur im Stimmkreis Augsburg-Ost zu vergeben ist. Augsburg ist in zwei Stimmkreise aufgeteilt. Den Westen, zu dem die Städte Gersthofen und Neusäß gehören, vertritt derzeit Staatssekretär Johannes Hintersberger, der Vorsitzende der Augsburger CSU. Hintersberger will im Westen wieder bei der Landtagswahl antreten. Er gilt als gesetzt.
Kränzle, über dessen politische Zukunft zuletzt lange gerätselt wurde, hat am Dienstagabend zuerst seine Fraktion über seine persönliche Entscheidung informiert. Viele CSU-Stadträte zeigten sich dem Vernehmen nach von der aktuellen Entwicklung komplett überrascht. Offenbar war nur ein kleiner Kreis in die Personalien eingeweiht.
Kränzle ließ nach der Fraktions- eine Erklärung verbreiten. Darin heißt es wörtlich: „Bei der nächsten Landtagswahl im Jahr 2018 trete ich nicht mehr als Direktkandidat für den Stimmkreis Augsburg-Stadt-Ost an. Die Option, den Einfluss Augsburgs im Landtag durch einen dritten CSU-Abgeordneten zu stärken, soll Realität werden. Nach intensiven Beratungen mit den Kolleginnen und Kollegen der CSU und nach einer sehr offenen und geradlinig geführten Diskussion, habe ich mich entschlossen, nicht mehr für den Direktstimmkreis Augsburg-Ost anzutreten.“Beobachter verstehen diesen Schritt als Signal, einen Generationswechsel einzuleiten. Bei der Wahl im Herbst 2018 ist Kränzle 75 Jahre alt. Hintersberger ist 63. Bereits zuletzt waren in der CSU Bedenken aufgesitzung kommen: Mit einer erneut erfolgreichen Kandidatur von Kränzle wäre es verpasst worden, einen Mann oder eine Frau an der Seite von Hintersberger aufzubauen.
Kränzle hat sich in der Erklärung klar für Jäckel ausgesprochen: „Ich werde meinen Nachfolger nach besten Kräften unterstützen. Ich gehe davon aus, dass der Kreisvorsitzende Augsburg-Ost und Stadtratskolin lege Andreas Jäckel den ersten Zugriff auf eine Kandidatur hat.“
Dass Jäckel dieses Interesse bekunden wird, gilt als sicher. Zumal er in die vertraulichen Gespräche direkt eingebunden war. Jäckel hatte, so war von gut informierten Kreisen zu hören, immer betont, dass er keinesfalls gegen Kränzle antreten wolle. Mit dem Verzicht von Kränzle auf die Direktkandidatur haben sich diese Vorzeichen geändert.
Ob Jäckel der alleinige Kandidat sein wird, ist offen. Zuletzt war auch der frühere Umweltreferent Rainer Schaal als möglicher Bewerber für die Landtagskandidatur genannt worden. Offizielle Erklärungen liegen bislang nicht vor. Da Kränzle den Kreisvorsitzenden Jäckel aus dem Osten empfiehlt, ist Leo Dietz, der Kreisvorsitzende aus dem Westen, wohl aus dem Rennen. Es gilt als nahezu ausgeschlossen, dass Dietz jetzt Jäckel herausfordert.
Auch wenn die Landtagswahl erst im Herbst 2018 stattfindet, will die Augsburger CSU ihre beiden Kandidaten bereits im Sommer dieses Jahres nominieren. Dass Kränzle quasi mit der Politik „verheiratet“ist, das hat man ihm oft zugeschrieben. Es ist auf alle Fälle eine hohe Leidenschaft, die der Vater von zwei erwachsenen Kindern an den Tag legt. Seit 1990 gehört der studierte Jurist dem Landtag an. 1993 war er Staatssekretär im Kultusministerium, von 1994 bis 1998 wechselte er als Staatssekretär ins Justizministerium. Im Jahr 1972 wurde Kränzle in den Stadtrat gewählt. Nach der Wahl 2008 übernahm er den Vorsitz der CSU-Stadtratsfraktion im Rathaus.
An den endgültigen Abschied aus dem Landtag will Bernd Kränzle noch nicht glauben: „Die Strategie der CSU läuft darauf hinaus, über die schwäbische Bezirksliste einen weiteren Landtagsabgeordneten, auch im Zusammenwirken mit der erfolgreichen Stadtpolitik von Oberbürgermeister Kurt Gribl, zu erreichen. Ich bin bereit, meine umfangreiche politische Erfahrung einzubringen und mich weiter einzusetzen.“Bei Landtagswahlen hat jeder Wähler zwei Stimmen: Eine für einen der Direktkandidaten im Stimmkreis und eine zweite für einen Kandidaten auf den Listen der Parteien.
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