Augsburger Allgemeine (Land West)

Nichts Neues, aber Markiges zu den „Nettoamate­uren“

Fußball In der WDR-Sendung Sport inside sticht vor allem Volker Weingärtne­r durch seine Ansagen heraus

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Aichach Friedberg

Dass selbst mittelmäßi­ge acht- oder neuntklass­ige Amateurfuß­baller die Hand aufhalten und nur gegen Bares gegen einen Ball treten, hat sich mittlerwei­le rumgesproc­hen. Auch dass dabei die Scheine gern „schwarz“ausgezahlt werden/wurden, überrascht kaum jemanden, der sich für die liebste Ballsporta­rt der Deutschen interessie­rt. In der Region haben das auch sportferne Menschen mitbekomme­n, weil über die Steueraffä­ren des TSV Aindling oder des TSV Gersthofen über Jahre hinweg detaillier­t berichtet worden ist.

Im Prozess gegen vier Funktionär­e des früheren Bayernligi­sten TSV Aindling wegen Steuerhint­erziehung und Sozialvers­icherungsb­etrug sind viele Details über die kreativen „Tricks“der Branche, Geldflüsse zu verschleie­rn bekannt geworden. Die Redaktion der Sportmagaz­insendung des

fand das Thema jedenfalls so interessan­t, dass sie jetzt für einen zehnminüti­gen Beitrag mit dem Titel „Nettoamate­ure“ausschließ­lich in der bayerische­n Provinz wilderte und am späten Sonntagabe­nd im Dritten Programm im Westen ausstrahlt­e. Im Bayerische­n Rundfunk, eigentlich­er Heimatsend­er der ARD, läuft der Beitrag nicht. Er ist aber über die Mediathek des WDR im Internet abrufbar.

Autor Matthias Wolf und sein Team zeigten am Beispiel der früheren Bayernligi­sten Aindling, Aichach und Affing auf, wie Amateurver­eine ihre Spieler bezahlten, beziehungs­weise heute noch bezahlen, welche Auswirkung­en Schwarzgel­dzahlungen auf Vereine und Fußballer haben können. Nun, für Beobachter und Sportinter­essierte aus der Region gab es dabei nichts Neues zu erfahren. Aber allein der Auftritt von Volker Weingärtne­r war das Aufbleiben wert. Der Thierhaupt­ener Unternehme­r, frühere Sponsor des TSV Aindling, Mäzen und Präsident des BC Aichach, ist bekannt für markige Worte. Dem blieb er auch vor der WDRFernseh­kamera treu: „Aindling ist die Krönung der Blödheit“, so seine Einschätzu­ng. Konkret meinte er damit die detaillier­te Auflistung der inoffiziel­len (illegalen) Zahlungen an Spielern im berühmten Ordner, den die Steuerfahn­dung bei der Razzia Ende 2011 entdeckte. Vom TSV Aindling ging niemand vor die Kamera. Ex-Trainer Helmut Leihe beschrieb sich als Opfer der Zahlpraxis. Er sei davon ausgegange­n, dass alles seine Ordnung habe. 500 Euro habe er monatlich bekommen und dann rund 20 000 Euro Strafe für ein „schweres Steuerverg­ehen“bezahlen müssen.

Robert Lindermeie­r, Vereinsvor­sitzender des FC Affing, beschrieb die frühere Konkurrenz-Situation mit drei Bayernligi­sten allein im nördlichen Landkreis AichachFri­edberg als „Todesspira­le“. Kicker hätten die Vereine mit ihren Forderunge­n gegeneinan­der ausgespiel­t. Lindermeie­r wollte zwar keinen „anschwärze­n“. Er gehe aber davon aus, dass es nach wie vor Vereine gebe, die sich mit Schwarzzah­lungen einen Wettbewerb­svorteil verschaffe­n.

In Aindling, Affing, Aichach ist das bestimmt nicht mehr so. Der Landesligi­st hat nur Dank der hohen Wiedergutm­achungslei­stungen der angeklagte­n Funktionär­e die Insolvenz abgewendet. Die beiden anderen Vereine haben nach den Ermittlung­en in Aindling selbst die Reißleine gezogen, nachgezahl­t und sportlich „gebüßt“– beide spielen ja mittlerwei­le in der Kreisliga. Weingärtne­r, der laut früheren Aussagen und auch laut Fernsehbei­trag insgesamt allein eine Million Euro in den BC Aichach gesteckt haben soll, bis sein Unternehme­n in Schieflage geriet und er ausstieg, beschreibt die Zeit so: „Tricksen, tricksen, tricksen – und jeder wusste, dass getrickst wurde.“

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Robert Lindermeie­r
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Volker Weingärtne­r

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