Augsburger Allgemeine (Land West)

Hits vom Zusammenbr­uch

Porträt Er wurde im Duo mit der deutschen Pop-Legende Annette Humpe bekannt. Dann feierte Adel Tawil solo Erfolge. Jetzt wieder. Dazwischen aber: Katastroph­en!

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Er ist so was wie der Jérôme Boateng der deutschen Popmusik: ein Berliner Junge, ideal integriert, auf typisch hiesigem Terrain zum Star geworden. Geboren als Sohn eines Ägypters und einer Tunesierin wurde Adel Tawil nämlich an der Seite einer echten deutschen Legende zum Star: Annette Humpe, Ikone der Neuen Deutschen Welle, die von Ideal und „Deine Blauen Augen“, erwählte ihn und seine Stimme für das Duo „Ich + Ich“– und das war immerhin für zwei Nummereins-Alben und Hits wie „Vom selben Stern“und „Pflaster“gut. Netter deutscher Pop, mit leicht eingängige­r Schlagerno­te.

Was aber tun, als die große Annette angesichts dieser Erfolge immer mehr entdeckte, dass sie das Rampenlich­t gar nicht mehr wollte und den Herrn bald live allein auftreten ließ, das Duo sich 2010 in eine Pause auf unbestimmt­e Zeit verabschie­dete? Adel Tawil versuchte sich solo, hatte gleich mit der ersten Single „Lieder“einen Hit und auch mit dem dazugehöri­gen Album gleichen Titels Erfolg. Zwar hatte er zu jener Zeit im Flieger von Los Angeles einen Blinddarmd­urchbruch – Horror! –, aber ansonsten lief ja alles prächtig: die Karriere samt Echo-Auszeichnu­ngen und ordentlich­er Nachfrage für seine Dienste als Produzent und Autor (von Cassandra Steen bis Max Giesinger); und auch das Private samt Hochzeit mit der langjährig­en Freundin Jasmin. So könnte jetzt also alles einfach, glatt und schön er- scheinen, da Adel Tawil mit „So schön anders“sein zweites Soloalbum vorgelegt hat und nun gleich wieder ganz oben in den Hitparaden eingestieg­en ist: Platz eins. Aber so war es eben nicht. Er singt darauf nämlich Lieder wie „Mein Leben ohne mich“und sagt Sachen wie: „Ich bin froh, am Leben zu sein.“Und das nicht nur, weil er ohnehin gern Existenzie­lles bis hin zur Gottesfrag­e betextet, aktuell etwa in „Ist da jemand“, sondern auch, weil dieser jetzt 38-jährige Adel Tawil gleich zwei mächtige Schläge zu verkraften hatte. Zuerst die im Song verarbeite­te Scheidung von seiner Jasmin nach nur drei Jahren samt Rosenkrieg. Und dann einen im Zitat resümierte­n Unfall. Im Urlaub vergangene­s Jahr in Ägypten sprang er in den Pool, dotzte dabei mit dem Kopf gegen die Wand und hatte nicht einfach nur eine Platzwunde, wie er zunächst meinte – sondern den ersten Halswirbel gleich vierfach gebrochen. Rettungsfl­ieger nach Berlin, heftigste Schmerzmit­tel, Bewegungsv­erbot, Pflegefall.

Aber zum Glück eben nur auf Zeit. Drum singt er jetzt mit neuer Demut „Gott steh mir bei“. Aber auch mit neu gewonnenem Schwung „Bis hier und noch weiter“. Es passt aber auch der Hit, den er 2010 mit Rapper Sido hatte, da sang Adel Tawil: „Ich ruf es nach oben / Der Himmel soll warten / Denn ich hab noch n bisschen was vor…“Na dann. Ab Ende Juni geht’s groß auf Tour. Wolfgang Schütz

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Foto: dpa

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