Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein ganzer Kerl mit Spargel und Bratwürscht
Sag mir, wer bei dir sitzt, und ich sag dir, was du isst. Sitzen sich zum Beispiel zwei potenziell Paarungswillige gegenüber, dann wird sie sich eher für einen Salat statt einen Teller Nudeln, er sich eher für ein Filetsteak statt für einen fetten Hamburger mit Pommes entscheiden. Die unterschwellige Botschaft oder, wenn man so will, der kulinarische Subtext ist klar: Sie signalisiert, dass sie auf ihre Gesundheit (und ihre Figur) achtet, er, dass er kein kulturloser Rabauke ist und sich teures Futter leisten kann.
Diese und weitere Phänomene zum Thema Essen als Kommunikationsmittel hat laut FAZ der Psychologe Tobias Otterbring von der Universität Karlstad erforscht. Dazu gehört auch die – nicht gerade überraschende – Erkenntnis, dass Männer und Frauen, wenn sie unter sich sind, ihr Essverhalten ändern. Ins Bayerische übersetzt heißt das zum Beispiel, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass bei einem Herrenabend mit Fußball und Schafkopf Grünkernbrätlinge mit Fenchelsalat und Lauchzwiebelchen auf den Tisch kommen.
Die Bedeutung dieser Empfindungen und Gewohnheiten für Werbung und Marketing liegt auf der Hand und ist im Übrigen in der Fernsehwerbung Abend für Abend zu beobachten. Und wer im Fokus der Öffentlichkeit steht und auf sein Image achten muss, sollte sich genau überlegen, was er zu seiner Leibspeise erklärt.
Markus Söder zum Beispiel wurde im Netz gerade erst mit Hohn und Spott überzogen, weil er von Spargel mit fränkischen Bratwürsten geschwärmt hat. Das aber zeugt, man kann es nicht anders sagen, von der Dummheit der Spötter. Wer Bratwürste und Spargel isst, der signalisiert, dass er ein ganzer Kerl mit Sinn für Esskultur ist.