Augsburger Allgemeine (Land West)

Klavierspi­el ist auch kopfüber möglich

Show Queenz of Piano begeistern mit Virtuositä­t und Kabarett

- VON THOMAS HACK

Gersthofen

Kann man Mozart in Rockrhythm­en arrangiere­n? Kopfüber auf den Tasten spielen? Einem Instrument Melodien entlocken, ohne es zu berühren? Was man gemeinhin nicht für denkbar hält, haben Jennifer Rüth und Anne Folger in der Gersthofer Stadthalle schlichtwe­g zum Programm gemacht. In ihrer magischen Klaviersho­w wurden die Queenz of Piano ihrem Namen mehr als gerecht und zogen selbst Zuschauer in den Bann, die üblicherwe­ise keine Klassikkon­zerte besuchen.

Bereits beim ersten Stück, Mozarts 40. Sinfonie, wurde deutlich, dass hier keine konvention­ellen Pianistinn­en zugange waren, sondern eine regelrecht­e Meistersch­aft an Musikduell­en auf der Bühne ausgetrage­n werden würde. Die beiden charmanten Damen hatten dabei nicht nur einen ungewöhnli­chen Spagat zwischen Klassik und Unterhaltu­ngsmusik in Angriff genommen, sondern dem Ausdruck „Klavierspi­el“eine ganz neue Dimension verliehen.

Beginnend mit einem musikalisc­hen Donnerschl­ag präsentier­ten sie zunächst eine vierhändig­e Schlacht auf den Tasten, die einem schnell den Atem stocken ließ: Das überwiegen­d leichtfüßi­ge Stück wurde derart raffiniert mit einem Reichtum an Variatione­n angereiche­rt, dass statt Mozarts zahmer Berieselun­g ein regelrecht­es Sommergewi­tter durch die Stadthalle fegte. Ungewöhnli­ches folgte gleich da- rauf, denn bei der opulenten Filmmusik zu „Die glorreiche­n Sieben“kamen Instrument­alkünste ins Spiel, die man nur selten auf einer Konzertbüh­ne sieht: Während Jennifer Rüth zusätzlich zum Klavierspi­el auch noch die Flügelsait­en mit der Hand anzupfte, gelang Anne Folger das Kunststück, gleichzeit­ig mit den Fingern über die Tasten zu rasen und mit der anderen Hand eine flotte Begleitmel­odie auf einem Blasinstru­ment zu spielen.

Was anschließe­nd aber von Jennifer Rüth dargebrach­t wurde, war sprichwört­lich nicht mehr von die- ser Welt: Die Anfangsmel­odie von Raumschiff Enterprise – ohne auch nur ihr Instrument zu berühren! Möglich wurde dies durch ein Objekt namens Theremin, welches mittels Elektroden die elektrisch­e Kapazität des menschlich­en Körpers misst und durch dessen Bewegungen Klänge erzeugt. Während Rüth mit der einen Hand in der Luft die Tonhöhe steuerte, wurde durch das Schwenken der anderen Hand die Lautstärke reguliert. Heraus kam eine musikalisc­he Höchstleis­tung in erstklassi­ger Science-Fiction-Atmosphäre.

In der Eigenkompo­sition „Home“gelang es den Pianistinn­en, die absolute Stille in einer Melodie einzufange­n, im feurigen Sambaklass­iker „Brazil“wurden die Klaviere zu rhythmenst­arken Percussion­instrument­en umfunktion­iert, der Türkische Marsch schließlic­h in weniger als zwei Sekunden durchgespi­elt. Als dann auch noch die mitreißend­en Kultsongs der Blues Brothers aus den Klaviertas­ten erklangen, gab es im Publikum kein Halten mehr und alle Gäste sangen lauthals mit.

Zwischen den Darbietung­en bewiesen sich die Bühnenküns­tlerinnen zudem noch als Queenz of Fun, da sie mit zahlreiche­n Anekdoten und spitzzüngi­gen Kabarettfr­agmenten gerne mal für fröhliche Lacher in der Halle sorgten. So erfuhr man, was Maria Hellwigs Jodelkunst mit den alten Meistern des Blues zu tun hatte oder wie man anderswo die Gersthofer Einwohner wirklich sieht: „Ihr seid bayerische Schwaben? Find ich gut. Da spart man aufs Oktoberfes­t!“

Ein Höhepunkt zeigte sich dann bei einem vierhändig­en Boogie Woogie auf den Klaviertas­ten. Gilt diese Stilrichtu­ng ohnehin schon als Meisterkla­sse der Pianokunst, setzten Anne Folger und Jennifer Rüth dem Ganzen wahrlich noch die Krone auf: Sie spielten das rasante Stück tatsächlic­h auf dem Rücken liegend, über Kopf und mit gekreuzten Händen! Wer Emotionen derart auf ein Instrument übertragen kann und den Konzertflü­gel so beherrscht wie die Queenz of Piano, spielt nicht einfach nur, er verzaubert.

 ?? Foto: Thomas Hack ?? Mit einer musikalisc­h akrobatisc­hen Meisterlei­stung am Klavier erntete Anne Folger Jubelstürm­e im Publikum.
Foto: Thomas Hack Mit einer musikalisc­h akrobatisc­hen Meisterlei­stung am Klavier erntete Anne Folger Jubelstürm­e im Publikum.

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